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Bericht Nr. 500: Der Rennsteig – unendliche Weiten…

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Nicht irgendwo, sondern auf den Pfaden des legendären und traditionellen Rennsteiglaufes in den Thüringischen Wäldern wagten sich zwei unerschrockene Laufmonster aus dem Rheinland auf die Strecke des Rennsteig-Supermarathons. …unendliche Weiten – zumindest wenn man am Start eines Ultra-Marathons von 72,7 km steht. Bereits nach dem absolvierten 1. Monschau Ultra-Marathon im vergangenen Jahr hatte ich es mir zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr auf dem Rennsteig in Thüringen meinen nächsten Ultra zu laufen. Der Super-Marathon sollte es sein – von Eisenach nach Schmiedefeld. Gesagt, getan, Anmeldung abgegeben, Startgeld gezahlt und einen umfangreichen Trainingsplan ausgearbeitet. Aber wie dass mit den Plänen so ist, meistens kommt es anders, als man denkt.

2012-05-13-020b.jpgVon Januar bis April war an Training kaum zu denken. Den geplanten Ultra-Lauf in Rodgau musste ich leider absagen – Erkältung und Grippe gaben sich abwechselnd ein Stelldichein. Kaum, dasss ich anfing Kilometer zu zählen, raffte es mich wieder dahin. Erst im April kam ich endlich mal dazu, Kilometer aufzubauen. Ich hatte daher bis zum Start am 25. Mai gerade einmal rund 300 km in 2013 gelaufen …und das Gewicht, welches sich über den Winter angesammelt hatte, tat sein Ãœbriges. Aber  – wir sind Laufmonster …und insofern, ab auf den Rennsteig.

2013-05-25_00016.jpgDonnerstag, 23. Mai 2013: Ankunft in Oberhof

Die Anreise gestaltete sich zu einer entspannten Autofahrt. Eine fast staufreie Strecke (was ja selten genug vorkommt), keine Unfälle und ab Gießen eine wirklich gut ausgebaute Autobahn. Unser erstes Ziel – Oberhof in Thüringen, die Hochburg des Biathlons. Hier hatten Bine und ich eine Ferienwohnung im Rennsteighaus gebucht und wie sich herausstellen sollte, war die Unterkunft auch für Michael noch ein Segen – hatten wir doch in der Ferienwohnung noch ein ungenutztes Zimmer frei. Michael wollte eigentlich in der Nähe von Oberhof im Zelt übernachten. Die Witterungsbedingungen mit einstelligen Temperaturen, teilweisem Schneefall (Ja, ihr habt richtig gelesen: Schneefall Ende Mai), sowie heftigen Regenschauern ließen in Michael die Erkenntnis reifen, dass eine feste Unterkunft wohl wesentlich angenehmer ausfallen würde. Ein weiterer Vorteil war, dass wir so am Samstagmorgen dann auch gemeinsam von Oberhof nach Eisenach starten konnten.

2013-05-25_00022.jpgFreitag, 24. Mai 2013: Fahrt nach Eisenach, Abholung der Startunterlagen

Auf der Autobahnfahrt sehe ich in der Ferne auf einem Berg einen Funkturm und weitere Sendemasten stehen und bemerke ganz nebenbei, wie absolut „bekloppt“ es wohl sein müsste, alleine schon diesen Berg hoch zu laufen …doch dazu später mehr. Wir treffen Michael, der es sich bereits im Festzelt auf dem Marktplatz gemütlich gemacht hatte und uns dort erwartete, um dann gemeinsam zur Ausgabe der Startunterlagen zu gehen. Dort hatte sich bereits eine längere Schlange von Läuferinnen und Läufern gebildet – waren im Vorfeld doch bereits ca. 2.600 Ultras angemeldet. Die Organisation und Ausgabe der Startunterlagen funktionierte tadellos.

Das Motto des Rennsteiglaufs lautet: Hart, aber schön. Dem kann man nur beipflichten.

Hart, was die Steckenführung und Beschaffenheit anbetrifft und schön, wenn man die herrliche Natur und die wunderbaren Ausblicke von den Höhen genießen darf. Insgesamt wurden am Tag des Rennsteiglaufs sieben verschiedene Läufe angeboten. So gab es einen SpecialCross für Menschen mit geistiger Behinderung über 3,7 km, Crossläufe für Kinder und Jugendliche zwischen 1 bis 9 km sowie eine Wander-/Nordic-Walking-Strecke über 17 bzw. 35 km. Der Halbmarathon mit rund 6.350 Sportlern startete in Oberhof, der Marathon mit einer Streckenlänge von 43,5 km in Neuhaus am Rennweg mit ca. 4.500 Sportlern und die Königsdisziplin, der Supermarathon über 72,7 km in Eisenach mit rund 2.220 Starterinnen und Startern. Gemeldet hatten sich wohl so um die 2.600 Ultras, aber einige waren wohl wegen der schlechten Wettervorhersage ferngeblieben.

Für alle galt jedoch: das schönste Ziel war …Schmiedefeld. Was die Wettervorhersagen betraf, hatte man sich gründlich getäuscht. Keine düsteren Wolken, kein Regen und auch kein Schnee, dafür aber ein fast wolkenloser Himmel in Eisenach und winterliche 5°C – es fehlte eigentlich nur noch der obligatorische Weihnachtsbaum.

2013-05-25_00009.jpgSamstag, 25. Mai 2013: Startpunkt – Marktplatz in Eisenach, 06.00 Uhr bei 210 m NN.

Vom Start aus ging es ca. 1 km durch die Innenstadt von Eisenach. Selbst zu dieser frühen Tageszeit waren schon einige Zuschauer an der Strecke und feuerten die Lüuferinnen und Läufer auf den ersten Metern an. Kaum dass wir die Innenstadt verlassen hatten, ging es auch schon stetig bergan. Es folgen einige markante Punkte auf der Strecke, die aufzuzählen den Rahmen sprengen würde, daher seien nur ein paar wenige erwähnt. Die erste Getränkestation wurde nach 6,9 km am Waldsportplatz erreicht (ca. 315 m NN) und nach 7,4 km erfolgte die Einmündung auf den Rennsteig (ca. 410 m NN). Aschebrück bei 12,6 km (513 m NN) und Glasbachwiese bei 17,9 km (613 m NN) reihten sich in den Parcours ein. Bei 20,6 km und 714 m NN traf man auf den Dreiherrenstein.

2013-05-25_00032.jpgEine kurze Verweilpause an dieser Getränkestelle war wohl angebracht, folgte doch nun der erste wirklich böse Anstieg zum Inselberg bei km 25,5 und auf 916 m NN. Drei Kilometer können ja so lang sein – und da, was sehe ich kurz vor dem Gipfel …besagten Funkturm und die Sendemasten, welche ich auf der Autofahrt aus der Ferne erblicken konnte. Ja – wir alle waren tatsächlich „bekloppt“ genug, diesen Berg hinauf zu laufen. Ich konnte es fast nicht glauben…

2013-05-25_00015.jpgAuf dem Inselberg angekommen, konnte man einen wunderschönen Ausblick über das Thüringerland genießen, nur um dann einen hammerharten Abstieg in Angriff zu nehmen. Eine Down-Hill-Strecke, die es in sich hat (von 916 m NN auf knapp 746 m NN) und das bei nur ca. 1,3 km Länge. An der dann folgenden Verpflegungsstation „Grenzwiese“ durften Mann und Frau erstmal prüfen, ob das jeweilige Knochengerüst noch komplett vorhanden war oder bereits diverse Kniescheiben vermisst wurden. Nachdem die Knochen noch alle an den richtigen Stellen waren, ging es weiter in Richtung Schmiedefeld. Mal auf, mal ab – bis bei km 54,2 und 837 m NN die Verpflegungsstation „Grenzadler“ erreicht wurde.

2013-05-25_00036.jpgHier wartete Bine auf mich, um mich noch einmal anzufeuern. Waren es von hier doch „nur“ noch 18 km bis zum Ziel – aber – und das war wirklich gemein – es waren auch nur noch ca. 2 km bis zu unserer Unterkunft im Rennsteighaus …und glaubt mir, die Versuchung war riesengroß …aber ich blieb standhaft. Nach so ca. 15 min. Pause machte ich mich dann auf, die letzten 18 km zu bewältigen. Kein ganz einfaches Unterfangen, ging es doch nun auf den nächsten Kilometern zum höchsten Punkt der Strecke hinauf – „Plänkners Aussicht“ bei km 62 und 973 m NN. Nicht nur, dass man von hier aus tatsächlich einen unglaublich schönen Ausblick auf die Landschaft des Thüringer Waldes hatte, wir befanden uns an diesem Punkt nur unwesentlich unterhalb der Dominanz insgesamt – dem großen Beerberg mit 982 m NN – dessen Gipfel aber nicht bezwungen werden musste. Na ich denke mal, die paar Meter hätten wir aber auch noch geschafft…

Ab „Plänkners Aussicht“ ging es fast nur noch abwärts, was das Laufen auf den letzten 10 km auf jeden Fall irgendwie erträglicher machte. Aber das Motto „Abwärts geht´s dann einfacher“ passte bei nunmehr über 60 km auch nicht mehr so richtig, denn die Strecke bot noch so einige Stellen, an denen man stolpern und stürzen konnte. Daher war immer noch Konzentration und Achtung gefragt, und das war fast noch schwieriger als das Laufen.

2013-05-25_00038.jpgAber dafür wurde man(n) und Frau auch belohnt – an der letzten Verpflegungsstation, dem „Bierfleck“ bei km 68 (lustiger Name und interessanterweise auch Programm). Hier gab es f�r die Feinschmecker unter den Biertrinkern doch tatsächlich „Köstritzer Schwarzbier“ als „kleine“ Stärkung für die letzten 4 km. Aber alles hat bekanntlich ein Ende – und so auch dieser Lauf. Jedoch hatte dieses Ende „Gänsehaut“ Feeling. Einerseits weil man sich bewusst wurde, dass man nunmehr 72 Kilometer hinter sich gebracht hatte (gesund und munter!!) und andererseits auf dem letzten Kilometer von den Zuschauern mit fantastischen Beifall und einem Ansager, der Name und Verein durchgab, begrüßt und so quasi ins Ziel „getragen“ wurde. Nach 8 Stunden und 16 Minuten war ich im Ziel und bekam meine wohl verdiente Medaille. Am Ausgang des Zielbereiches wartete Bine, die froh war, mich mit strahlendem Gesicht und ohne Blessuren wieder in die Arme nehmen zu können.

2013-05-25_00044.jpgKurze Zeit sp�ter gesellte sich auch Michael, der bereits nach 7:09 Stunden im Ziel war, zu uns. Er hatte schon geduscht, sich mit geeignetem Proviant (Köstritzer) versorgt und erzählte von seinen Erlebnissen auf der Strecke. Doch zunächst wollte ich einfach nur unter die Dusche. Aber dazu musste ich erstmal meinen Kleiderbeutel abholen. „Danke!! liebe Organisatoren des Rennsteiglaufes. Ihr habt selbst den Weg zur Ausgabestelle der Kleiderbeutel und zur bzw. in die Dusche noch mit ein paar kleinen Trail-Einlagen bedacht“ …und eine ausgesprochen interessante Dusche war es oben-drein.

Wieder bei Bine und Michael angekommen, berieten wir, was wir nun anfangen wollten. Noch bleiben und uns den feiernden Läuferinnen und Läufern anschließen oder doch lieber den Weg zur Unterkunft suchen. Diese Entscheidung wurde uns vom Wetter höchst selbst abgenommen. Mit einem Mal wurde es empfindlich kalt, dunkle Wolken zogen auf. Bald begann es heftig zu regnen – und es sollte sobald nicht mehr aufhören.

Das Fazit dieser Laufveranstaltung ist zu 100% positiv. Eine erstklassige Organisation, eine wunderschöne Strecke, tolle Zuschauer, die selbst über die schwierigsten Abschnitte hinweghelfen. Unser erster Rennsteiglauf …unendliche Weiten liegen hinter uns …wenn es nach mir geht …werden gewiss noch weitere folgen. ;-)

Fotos via Fotoalbum, …bzw. Flickr

Ergebnisse des Supermarathons

4 Kommentare zu „Bericht Nr. 500: Der Rennsteig – unendliche Weiten…“

  1. Hallo Reinhard,

    das ist ja ein eindrucksvoller Bericht, der auch auf einer Reiseseite stehen könnte. Super!
    Wie ich sehen konnte, hast Du Dich inzwischen auch wieder erholt und hast natürlich die nächsten unendlichen Weiten vor Augen. Viel Spaß und Erfolg weiterhin dabei und hoffentlich noch einige schöne Ultra-Berichte.
    Viele Grüße eines (Noch)Nicht-Ultra-Monsters

  2. Hallo Reinhard,

    ich kann Deine Eindrücke nur bestätigen, absolut herausragendes und wiederholenswertes Event!!!

    Vielen Dank auch nochmal an dieser Stelle für das gewährte Obdach (ohne Euch wäre ich mit festgefrorener Zeltplane gelaufen), und speziell an Bine für die hervorragende Logistik.

    War echt ein tolles Wochenende. LG Micha

  3. Toller Bericht und f�r mich immer noch eine unvorstellbare Distanz. Wenn ich mir vorstelle, ich h�tte den HERMANNSLAUF noch mal zum Start zur�ck laufen m�ssen und w�re immer noch nicht fertig- unfassbar. Super Leistung! Sabine

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