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Düsseldorf Marathon: An Tagen wie diesen…

2013-04-14_00456.jpgEigentlich könnte ich jetzt meine Marathon-Karriere beenden, denn was soll da noch kommen? Dabei hatte im Vorfeld alles gar nicht so gut ausgesehen für mich beim diesjährigen Marathon in Düsseldorf. Trotz längerer, zum Teil quälender Vorbereitung seit Jahresbeginn hatten sich in der letzten Woche vor dem Start hartnäckige Rückenbeschwerden bei mir installiert, die auf die Beine ausstrahlten. Das verursachte bei Trainingsläufen keine großen Beschwerden, aber ich hatte immer das Gefühl von schlappen Beinmuskeln. Hinzu kamen die linksfüßigen Achillessehnenprobleme, so dass ich noch am Samstagabend zuvor recht missmutig auf das kommende Rennen war. Aber man hatte sich schließlich für einige Penunzen angemeldet, lange trainiert, und auch einige Freunde und Kollegen erwarteten ja meinen Start.

Immerhin hatte ich gut geschlafen und war auch bereits wieder besser gelaunt. Ich wollte das Beste daraus machen. Das Wetter war gut, etwas frisch, aber nicht zu heiß oder zu windig, wie früher schon mal beim Düsseldorf-Marathon. Da kam der nächste Dämpfer! Meine Stoppuhr war genau um 6:56 Uhr wieder mal abgestürzt und damit definitiv für das Rennen nicht einsetzbar. Auch meine „Notuhr“ hatte keine Batterie. Das durfte doch nicht wahr sein!

2013-03-03_00423-1024.jpgNun ja, den letzten Lauf ohne Uhr hatte ich im März mit persönlicher Bestzeit über 10 km am Bayerkreuz in Leverkusen beendet (35:39 min., die Redaktion). Vielleicht ein gutes Omen? Aber 42 km ohne richtigen Anhaltspunkt, ob ich jetzt zu schnell oder zu langsam lief? Nichts zu machen. Noch eine neue Erfahrung sollte also der anstehende Marathon bringen. Vielleicht könnte ich ja Mitläufer zwischendurch mal nervend nach der Zeit fragen.

Gegen 7.30 Uhr fuhr ich dann mit Nadia (meine unersätzliche Betreuerin, Verpflegerin und Motivatorin) nach Düsseldorf, wo wir uns im linksrheinischen Oberkassel auf einem P&R-Parkplatz mit den Laufmonstern Kay-Uwe und „Jungpapa“ Thomas trafen. Hier mussten wir einige Zeit auf die Straßenbahn warten, die uns auf die andere Rheinseite zum Start- und Zielbereich bringen sollte. Dadurch wurde es zeitlich etwas eng. Schnell gaben wir unsere Kleiderbeutel am Burgplatz im Zielbereich ab und kamen etwa zehn Minuten vor dem Startschuss in unseren Startblock an den Rheinterrassen. „An Tagen wie diesen …“ kam uns unser derzeit schnellstes Laufmonster Nikki noch entgegen und wünschte uns viel Erfolg.

Im Startblock freute ich mich dann noch Lauffreund Burkhard Schulte (Marathonclub Menden), der den heutigen Marathon als „Warmlaufen“ für den Vivawest Marathon im Ruhrgebiet in zwei Wochen absolvieren wollte, sowie Bert und Steffen von der LG Warendorf-Ems zu treffen, die ich vor einigen Wochen beim Föhr-Marathon und der anschließenden After-Run-Feier kennengelernt hatte. Es ist schön, einige nette Laufbekannte aus ganz Deutschland bei diversen Wettkämpfen wieder zu sehen.

201204290031.jpgNach kurzer Vorstellung einiger Favoriten, die vorne in der ersten Reihe standen, wurde pünktlich gestartet. Ich musste ja nicht starten, jedenfalls meine Uhr nicht, denn die war ja nicht dabei. Ich fühlte mich lauftechnisch doch etwas nackt, aber um einige Gramm leichter. Und so zog ich los und kam auch gut weg. Thomas lief ca. hundert Meter vor mir und hatte vor, einen Schnitt von 3:55 Minuten anzugehen. Dies war mir eindeutig zu schnell. Kay-Uwe wollte in der Gruppe der 3-Stunden-Läufer mitlaufen, um sein großes Ziel, einen Marathon unter 3 Stunden zu laufen, vielleicht heute zu erreichen. Leider kam es bei ihm nach ca. zwei Kilometern zu einem Sturz, der einige Schürfwunden an Kopf, Händen und Knien nach sich zog. Jemand im Pulk der Läufer um die 3-Stunden-Pace-Maker mit den Ballons war ihm hinten in die Beine gelaufen. So ein Pech! Er lief aber trotz Schmerzen weiter.

Das „alte Fieber“ war wieder da. Klar, als Kölner in Düsseldorf, wo ich jedes Mal bisher neue persönliche Bestzeit gelaufen war, durfte lauftechnisch doch keine „tote Hose“ sein. Ich glaubte, ich war ganz zügig unterwegs Richtung Messehallen im Norden von Düsseldorf. Nach einem Wendepunkt ging es dann mit einigen Kurven zurück Richtung Düsseldorfer Altstadt. Den Rücken oder die Achillessehne merkte ich nach einigen Kilometern nicht mehr. Überraschend, was Bewegung ausmachen kann!

pict5776.jpgEinen ersten Anhaltspunkt auf meine Geschwindigkeit brachte mir die eingeblendete Bruttozeit bei 10 km auf der Oberkasseler Brücke Richtung linksrheinisches Düsseldorf. 39:15 Minuten waren mehr als zügig und eigentlich schneller als gewollt. Inzwischen hatte sich Dirk Strothkamp vom Triathlon Team TG Witten zu mir gesellt. Wir waren bereits eine ganze Weile mehr oder weniger zusammen gelaufen und beschlossen nun zusammen im 4er- Schnitt das Rennen weiter anzugehen. Das war für mich quasi wie ein Joker, denn nun hatte ich einen Mitläufer, der mir auch noch die Kilometersplits sagen konnte.

2013-03-03_00238-1024.jpgMal sehen, wie lange das gutgehen konnte. Eigentlich liefen wir mit 3:55-3:58 Minuten sogar immer ein wenig zu schnell. Aufgrund von Wadenproblemen wollte Dirk, der einen Marathon wohl schneller laufen kann, heute aber auch nicht forcieren. Nach 19 Kilometern verließen wir Oberkassel und es ging wieder zurück über die Brücke auf die „Schäl Sick“. Hier merkte ich bei leichtem Gegenwind doch meine Beine, aber ich wollte dranbleiben. Inzwischen waren wir an eine Gruppe von drei Läufern herangelaufen, von hinten kamen auch zwei hinzu. Thomas hatte ich noch immer im Blick. Er lief etwa zweihundert Meter vor uns.

Die Halbmarathonmarke überquerten wir bei einer Zeit von 1:23 Stunden. Oweih! Super, aber konnte ich das wirklich noch lange durchhalten? Jetzt zurücknehmen kam aber nicht infrage. Allein wollte ich mich zu diesem Zeitpunkt des Rennens noch nicht durchkämpfen. Es ging wieder Richtung Norden über die Roßstraße, später wieder Richtung Süden u.a. über die Brehmstraße, um dann im östlichsten Teil des Marathons die stimmungsreiche Wüststraße zu passieren. Leider war hier die Gruppe etwas auseinandergefallen, aber ich hatte noch immer genügend Läufer in einiger Nähe. Auch das blaue Hemd von Thomas war noch immer im Blickfeld. War ich noch so gut dabei?

201204290030.jpgAb km 27 musste ich Dirk ziehen lassen. So war ich wirklich gespannt auf die Zeit bei km 30. Die Uhr zeigte mir eine Bruttozeit unter 1:58 Std. Der Hammer! Neuer Rekord für mich über diese Distanz. Aber ich wusste, dass jetzt nicht nur der letzte und härteste Teil eines Marathons für mich folgte, sondern erinnerte mich auch an die letzten Jahre, welche Qualen ich in den nun noch vorliegenden Passagen hatte durchstehen müssen. Und natürlich ließen die Kräfte nach. Jeder Getränkestand wurde aufgesucht. Nadia reichte mir bei km 32,5 noch ein Gel. Dann sah ich Thomas vor mir an den Seitenrand laufen, einen Baum aufsuchen. Hoffentlich hatte er nicht arge Probleme. Ich lief weiter, inzwischen allein über die breiten mit Bahnschienen verzierten Straßen. Nach etwas mehr als 35 km – Spaß machte es schon lange nicht mehr! Warum foltert man sich selber? – zogen von hinten Thomas und ein weiterer Läufer an mir vorbei. Mann, hatte der noch (oder wieder) Power! Ich wurde langsamer, wusste aber nicht wieviel? Vielleicht ganz gut so. Denn ohne den Blick auf die Uhr macht das weniger Stress. Klar, die Ungewissheit der Zeit ist da, aber man hört mehr auf seinen Körper bzw. auf noch eventuell abrufbare Leistungen.

Es ging vorbei an den „verrückten“ Gehry-Gebäuden am Rande des Medienhafens und dann nochmal ab km 38 einen „Umweg“ Richtung Ziel über die Königsallee. Inzwischen schleppte sich das Laufmonster wie in den vergangenen Jahren über die berühmte Einkaufsstraße. Km 40 war erreicht. Tolle Zeit, aber irgendwie konnte ich nicht mehr hochrechnen und hatte auch keinen Anhaltspunkt, welche Splits ich die letzte Kilometer gelaufen war. Ich musste zwei Läufer vorbeilassen. Kein gutes Zeichen, aber jetzt hieß es nur noch, halbwegs anständig die letzten beiden Kilometer ins Ziel zu bewältigen. Bei Km 41 munterte mich der VanMan für die letzte Strecke nochmal auf. Nochmal zog jemand an mir vorbei, aber auch ich konnte noch an einem ausgelaugten Kollegen auf den letzten hundert Metern vorbeilaufen.

Endlich ging es runter zur Rheinpromenade. Noch 500 Meter! Dann die 42 km-Marke, oben die applaudierende Zuschauermenge. Ich konnte trotz Tunnelblick die Uhr mit der Bruttozeit erkennen. Nicht wirklich! Unglaublich!

dscm1301.jpgEin Spurt war nicht mehr drin. Bei für mich sagenhaften 2:47:36 Stunden (61. Platz, 5. M45) blieb letztlich die Nettozeit und meine neue persönliche Bestzeit stehen. Der Traum von einem Marathon sub 2:50 Std. wurde wahr. Im Ziel beglückwünschte mich Dirk (2:47:18 Std.), ohne den ich diese Leistung wohl nicht hätte erbringen können. Aus der Zuschauermenge rief mir meine Frau zu. Ich hätte die ganze Welt umarmen können und war doch soooo fertig.

201204290032.jpgThomas lief mit 2:45:57 h (Platz 53, 12. AK 35) ebenfalls eine sensationelle neue Bestleistung. Mit Sicherheit ein kleiner zusätzlicher Glücksmoment nach der Geburt seines Sohnes vor wenigen Tagen. Kay-Uwe hielt das Rennen durch. Ihn verließen leider ab km 35 ziemlich die Kräfte, er erreichte aber in 3:06:42 h (Platz 211, 47. AK 45) das Ziel. Unter diesen Umständen eine beeindruckende Zeit.

Was soll ich nun auf meine Eingangsfrage antworten?

Der Zenit scheint erreicht! Die 2:50 Stunden-Marathonmauer ist durchbrochen und … ich brauche wohl mal eine neue Laufuhr. Oder vielleicht doch nicht? Denn persönliche Bestzeiten laufe ich inzwischen ja bekanntlich ohne eigene Zeitmessung. Wer braucht Uhren bei Unendlichkeit?

…wünsch ich mir Unendlichkeit!!!

Nähere Infos und Ergebnisse hier.

Fotos: Kai Engelhardt/Justus Scharnagel

  1. Genau! Unnachahmlich, der gute Harry. Wir (ältere Semester ab M45) trainieren und trainieren (womöglich nicht zielgerichtet!) und kommen sehrwahrscheinlich nie mehr an diese Traumzeiten des schnellen Hirsches heran.

    HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH zu diesem Wahnsinns-Ergebnis!

    Kai

  2. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Wahnsinnszeit. Schneller Lauf – Schneller Bericht. Besser geht’s nicht.

    Auch den anderen Monstern Glückwünsche und gute Erholung.
    Wir sehen uns in Frechen.

    Sabine

  3. Hallo ihr Düsseldorf-Monster,

    der Blick in die Ergebnisliste hat mich gestern dann echt umgehauen. :)

    Herzlichen Glückwunsch Harald, die guten Bedingungen perfekt genutzt. Auch Thomas unter der Laufmonster-Fahne mit einem super Marathon.

    Bei Kay-Uwe habe ich leider dann etwas länger suchen müssen. Aber wenn ich auf die Umstände sehe, wie Harald sie skizziert hat, dann alle Achtung fürs Durchkämpfen unter diesen Umständen

    Gute Erholung!

  4. Hey Harald,

    das ist ja mal wieder krass! Ob das wirklich schon dein Zenit ist? da glaubt wohl keiner mehr dran. Gute Erholung wünsche ich Euch drei. ganz besondere an Kay. so ein Pech…. hätte wäre wenn..ich versuch es erst gar nicht.

    bis Sonntag in Frechen.

  5. Hallo Harry,
    echt unfassbar – meine Glückwünsche hast Du ja schon erhalten, nachdem gestern abend endlich mal alle Ergebnisse online waren. Tolle Leistungen auch von Thomas (eines Laufmonsters echt würdig) und Kay – sowie vergessen wir nicht Katja, die mit 3:18 h glaube ich auch neue PB gelaufen ist!

    LG Manuel

  6. Einfach tolle Leistung, absoluter Wahnsinn! Dein Limit ist noch lange nicht zu Ende. Weiter so trainieren, du wirst sehen, was zum Schluß heraus kommt. Dein Bericht über den Düsseldorf Marathon, einfach gut.
    Nun wünsche ich dir erst einmal eine kurze Verschnaufpause, bis zum nächsten Wettkampf!

  7. Allen Drei – Glückwunsch !!!

    Und Harry – den Satz von Dir, dass es nicht mehr besser gehen kann, möchte ich im nächsten Bericht wieder lesen ;-)
    –> Unfassbar (gut)

    Schade, dass wir uns vor Ort nicht getroffen haben.

  8. Harald, das ist der absolute Wahnsinn. Damit bist Du jetzt auch in der Hall of Fame Laufmonsters. Übrigens lauf ich seit kurzem auch ohne Uhr, ist in der Tat streßfreier, auf mein Tempo wirkt es aber (noch) nicht.

    Those were the days….

    Gute Erholung

    LG Guido

  9. Oh man, Harry! Du Ungetüm! ;) Auch von mir nochmal auf diesem Wege meinen allerherzlichsten Glückwunsch zu dieser Leistung. Und dann auch noch ohne Uhr und teils ohne Anhaltspunkt. Unglaublich! Hoffe du hast dieses Wahnsinnsrennen inzwischen gut verdaut. Das scheint dein Laufjahr zu werden! Bleib weiter dran! Hoffe wir sehen uns bald wieder.. VG aus dem Norden und danke für den wiedermal sehr schönen Bericht!

  10. Herzlichen Glückwunsch allen 3en … erstaunlich was man für Zeiten laufen kann, wenn man keinen Zeitmesser dabei hat … aber ich denke mal es liegt kaum an der Uhr allein. Wenn man gesehen hat welche tolle Zeiten bei der Deutschen Meisterschaft in Refrath für die Laufmonster raus gekommen sind, dann verwundert es mich nicht. Diese Zeiten läuft man nicht ohne konsequentes Training.
    Ich wünsche allen 3en gute Erholung und gute Besserung

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