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Wer lange läuft, der ist hier richtig!

Hautes Fagnes – ein belgischer Trailrun besonderer Güte

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Erlebnisbericht von Andreas Franssen/TV Refrath running team

Am Samstag wurde bei mir die „Belgische Woche“ eingeleitet: 3:36:29 Stunden Trail laufen, eine Woche Muskelkater, 32. Platz insgesamt und 2. Platz bei den belgischen Traillaufmeisterschaften in der „Veteranen Klasse 2“, wenn der TV Refrath ein belgischer Verein wäre…

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Nachdem ich ja schon 2012 Bekanntschaft mit dem „Trail des Hautes Fagnes“ in den östlichen Ardennen als dem schwierigsten Lauf meines Läuferdaseins gemacht hatte, wollte ich auch dieses Jahr die Saison wieder mit diesem in jeder Hinsicht besonderen Lauf abschließen. Warum besonders?

Die Antwort: große Quälerei für kleines Geld – Startgeld bei Voranmeldung nur 5 Euro

• „Jeder Teilnehmer nur einen Becher“ – Trinkbecher mit Karabinerbefestigung wird mit der Startnummer ausgegeben und ist beim Lauf mitzuführen. Das nenne ich mal „Run green“

• Aufstiege, die an Himmelsleitern erinnern

• Abstiege, die man nur durch Festhalten an Bäumen oder Seilen sturzfrei überwindet

• Durchquerung des Hochmoors „Hohes Venn“ auch mal ohne Holzstege

• Wurzel- und Felspassagen, die einen unentwegt Lauf-ABC praktizieren lassen

• „After Run Party“ mit Live Musik und verschiedenen Sorten Trapistenbier!

So stand ich also am vergangenen Samstag wieder im Festsaal des Fußballclubs von Xhoffrai, um mich für den Lauf anzumelden. Und zwar mit Trailschuhen, nicht mit den Straßenschuhen, bei denen das schwierige Geläuf mir seinerzeit die Torsionselemente an beiden Seiten zerbröselt hatte.

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Über 1.000 Höhenmeter – Morast – Wurzeln – Steine – Steilhänge

Es werden immer am letzten Samstag im September zwei Läufe angeboten, die laut Aushang 16 oder 38 km lang sind. Selbstverständlich entschied ich mich wieder für die „etwas“ längere Strecke, auf der etwa 1.460 Höhenmeter rauf und wieder runter zu bewältigen sind. Meine GPS Uhr zeigte 38,5 km und nur 1.060 HM an. Was die reinen Zahlen aber nicht ausdrücken, ist die Beschaffenheit des Geländes, die einen oft zu Sprüngen über moorige Suhlen, Bäche, Wurzeln, Felsen und umgestürzte Bäume zwingt.

Auch die Auf- und Abstiege sind häufig so, dass man kurzzeitig zum Vierbeiner wird oder gleich auf dem Hosenboden zu Tale rutscht. Anfangs war ich stutzig, warum die meisten Mitläufer bei mehr oder weniger großen Bächen nicht die 5 Meter Umweg über die Brücke in Kauf nahmen, sondern den direkten Weg durch den Bach bevorzugten. Nach einigen Kilometern war mir aber klar, dass die Füße hier auf keinen Fall trocken oder aber sauber bleiben würden. Da gibt es Passagen von mehreren hundert Metern über einen vielleicht 30 cm breiten kaum zu erahnenden Pfad durch hüfthohes Moorgras, auf dem man knöcheltief im Schlick einsinkt. Spätestens da wiegen dann die schönen neuen leichten Trailschuhe ein Kilo das Paar (Jochen würde jetzt irgendetwas von „einem ganz anderen Muskeltonus als auf Asphalt erzählen…). Noch nach zweimaligem Duschen habe ich mir noch die letzten Moorreste aus den Nagelbetten gekratzt.

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Zum Glück konnte ich alleine Stöhnen

Nachdem ich nach 3 Stunden bei km 33 ankam, war das Ende abzusehen: nur noch 5 Kilometer. Leider war mir nicht bewusst, dass nach den fast 300 Höhenmetern Bergablaufens die beiden fiesesten Steigungen mit 225 HM mit dem schmerzhaftestem Abstieg dazwischen noch bevorstanden. Unsere stadion-und- rheinpromenade-verwöhnten Rennbeine sind einfach nicht trainiert ellenlange und steile, unwegsame Abstiege schmerzfrei zu überstehen. So wurde jeder Schritt bergab unter hemmungslosem Stöhnen absolviert. Wie gut, dass ich mittlerweile alleine lief…. Beim letzten Anstieg hatte sich die Spreu vom Weizen getrennt, wobei ich mir nicht ganz sicher war, ob ich zur Spreu oder zum Weizen gehörte. Die letzten Kilometer habe ich rückwärts gezählt und endlich kam ich zurück nach Xhoffrai. Ich hörte schon die Moderation im Ziel und freute mich auf die Erlösung, als die Richtungspfeile in eine andere Richtung wiesen: noch ein Schlenker Richtung Kirche, vorbei an ein paar Vorgärten Richtung Fußballplatz (hier war das Ziel), diesen links liegen lassend bis an das Ostende des Ortes, um dann von hinten mit einem letzten kleinen Anstieg den Zielbogen zu durchlaufen. Meine GPS Uhr zeigte für den letzten Kilometer 1760 Meter an.

Organisation vom Feinsten

Vorbildlich ist die Organisation der ganzen Veranstaltung inklusive der Streckenmarkierung in teilweise unübersichtlichem Terrain. Jeder Kilometer ist markiert, wenn auch nicht immer präzise vermessen. Der zu lange letzte Kilometer hat sicher einen psychologischen Hintergrund. Die Zielverpflegung war identisch mit der reichlichen Verpflegung auf der Strecke: Müsliriegel, Kuchen, Weingummi, Studentenfutter, Orangen, Äpfel, Bananen, Schokolade… Gegen Bezahlung gab es natürlich auch noch deftige Metzgerkost vom Grill und ausgesuchte Bierspezialitäten vom Fass.

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Ungewöhnlich, aber durchaus sinnvoll, finde ich die Sache mit dem Trinkbecher, den man dieses Jahr mitführen musste, da es an den Verpflegungsstellen keine Becher gab. Im Sinne einer umweltverträglichen Veranstaltung inmitten eines Naturschutzgebietes eine tolle Sache.

Wenn die Marathonplanung es zulässt, bin ich nächstes Jahr wieder am Start. Wer kommt mit?

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