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Trainings-Marathon mit Erfolgserlebnis

2013-05-12_00940b.jpgLange Trainingsläufe in der Marathon-Vorbereitung können mitunter recht eintönig sein, dennoch sind sie für eine ambitionierte Vorbereitung wohl unumgänglich. Bei mir stand am letzten Wochenende die dritte lange Runde der Herbstvorbereitung an. Beim Erkunden meines Laufgebiets am Freitag musste ich allerdings feststellen, dass das Kernstück meiner langen Runde, der Radweg am Rheinufer zwischen Köln-Deutz und Köln-Porz wegen Ausbesserungsarbeiten komplett gesperrt ist. Die Umleitung entlang der Bundesstraße fand ich aber ziemlich blöd, so dass ich mich am Freitag nach 22 km ernüchtert daheim wiederfand. Was also tun? Langes Kreiseln auf der „Hochwasser-Route“ oder nach anderen Alternativen suchen? Dabei stieß ich im Internet im Laufkalender auf den „Wep-Strom-Lauf“ in Hückelhoven, der für den Sonntag neben 10 km und Halbmarathon sogar einen Marathon anbot. Meldeschluss war der besagte Freitagabend und so meldete ich mich gleich mal an, bevor ich die Sinnfrage ernsthaft erörtern konnte.

Betreutes Laufen mit Trinkverpflegung zum Spottpreis von 10,- €, das hörte sich doch wirklich gut an. Wird mein langer Lauf eben diese Woche ein paar Kilometer länger. Kosten für 70 km Anfahrt und den Zeitaufwand vernachlässigen wir mal an dieser Stelle. Die Strecke sah auch ganz nett aus, eine vermessene 21 km-Runde, die von den Marathonis folglich 2 mal durchlaufen werden musste. Im zweiten Teil der Runde gab das Profil bei GPSies ein paar „Zacken“ wieder, aber im großen und ganzen sahen Profil und Beschreibung sehr ansprechend aus. Anfahrt am Sonntag verlief ohne Probleme, Startnummer war schnell geholt und befestigt. An diesem Tag dann auch nicht für den Verein, sondern für die Laufmonster unterwegs, denen ich mich ebenso wie dem Laufverein zugehörig fühle. Es sollte ja auch nur ein langer Trainingslauf werden…

A propos: WAS war eigentlich meine Renntaktik? 42 km im lockeren Dauerlauf durchtraben war mir zu einfach, ein etwas flotterer Lauf mit Greif’scher Endbeschleunigung sollte es eher werden. Aber um es nicht zu kompliziert zu machen, wollte ich einfach nach Gefühl laufen, eine Zeit um die drei Stunden erreichen und dabei einen negativen Split der beiden Rennhälften erzielen.

Start erfolgte dann von allen Läufen um 10 Uhr in der Innenstadt. Ich hatte die vorne postierten Marathon-Startnummern schon vor dem Startschuss „abgecheckt“, es waren mit mir vier Läufer der gut 50 Marathon-Starter, die vorne zwischen den 10ern und Halbmarathonis Aufstellung nahmen. Die anderen drei waren dann auch gleich vor mir, aber ich wollte es ja auch ruhig angehen lassen… Dennoch: 4:02 für den ersten Kilometer war deutlich zu schnell, sofern das Schild nicht völlig falsch postiert war.

Ich drosselte und pendelte mich auf einem Schnitt von 4:15 ein, den ich nun konstant lief. Eigentlich ein wenig schnell für einen Trainingslauf, insbesondere angesichts der Zielstellung „negativer Split“, aber vom Gefühl war es gut. Es ging aus Hückelhoven heraus an der Rur antlang, die Strecke verlief wechselnd über Asphalt, befestigten Feldweg oder Wiese, letztere teilweise etwas matschig und rutschig angesichts des Regens der Vortage. An diesem Sonntag jedoch war das Wetter herrlich. Frische Luft, sonnig mit wenigen Wolken, tolles Laufwetter.

Bei km 3,5 waren dann die 10 km-Läufer abgebogen und es wurde ruhig auf der Strecke. Ich sah den Drittplatzierten des Marathons vor mir und schloss schließlich nach 10 km auf. Es war Michael Claesges, ein erfahrener M45-Läufer mit dem ich nun für gut 20 Km ein gut eingespieltes Laufduo bilden sollte. Wir quatschten und liefen weiter ein konstantes 4:15er Tempo. Kurz vor km 15 begann dann der „Cross-Abschnitt“: knapp 4 km lang ging es, teils über Single-Trails, auf und ab durch kleine Wäldchen. Dieser Abschnitt erforderte deutlich mehr Konzentration, war aber ansonsten gut zu bewältigen. Bei km 19 hatten wir dann auch den Marathoni auf Platz 2 einkassiert und strebten dem Ende der ersten Runde und dem Hückelhovener Stadion entgegen.

Als wir im Stadion eintrafen, verliess gerade der Führende das Stadion wieder, etwa zwei Minuten Vorsprung dürfte er gehabt haben. Wir waren etwa bei 1:29 h durch und machten uns an die Verfolgung. Auf dem Abschnitt entlang der Rur sahen wir dann, dass der Abstand ganz langsam kleiner wurde, Kilometer für Kilometer kamen wir ran. Jetzt war klar, dass ich diesen Lauf gewinnen konnte, denn meinen Mitläufer sollte ich im Griff haben, was er auch selbst wohl so sah („Wir laufen da jetzt ran und dann läufst Du das Ding nach Hause“). Dennoch, noch wollte ich nichts überstürzen und so zogen wir uns langsam weiter ran, ein wenig schneller als bislang, aber immer noch gemäßigtes Tempo über 4er Schnitt. Bei km 30 war es dann so weit, der Führende hielt am Verpflegungsstand an um zu trinken und ich löste mich in wenig von meinem Mitläufer und war „dran“ am Führenden. Es war Albert Knauf aus Mützenich ein weiterer starker M45er, der den Lauf als Vorbereitung und Test auf den Köln-Marathon nutzen wollte.

Ich lief etwa 500 Meter mit ihm mit, führte in dieser Zeit einen vergeblichen Kampf mit meiner rechten Kontaktlinse, die sich gerade aus dem Auge verabschieden wollte. Aber manche Opfer muss man eben bringen, und so fiel die Linse ins Gras und ich gab Gas. Ich drehte mich nicht mehr um, merkte aber schnell, dass Atem und Schritte hinter mir leiser wurden und schließlich nicht mehr zu hören waren. Ich erhielt nun eine nette Fahrrad-Begleitung inkl. Getränkeservice, ein Rennen anzuführen, das hat schon was.

Bei km 35 dann der erste Blick zurück, weit und breit niemand mehr zu sehen, als es wieder in den „Cross-Abschnitt“ ging. Hier sackte der Schnitt dann wieder etwas ab, die Lichtwechsel und der rutschige unebene Untergrund trieben mich ein wenig zur Vorsicht, schließlich war ich nun ja auch einäugig unterwegs (Mit 5.5 Dioptrien ist Kontaktlinse drin oder nicht durchaus von Bedeutung). Langsam merkte ich dann auch die Kilometer. Es kam dann aber glücklicherweise auch schon das 40 km-Schild in Sicht. Auf die Uhr schaute ich nicht mehr, war ja auch egal. Die letzten Kilometer kämpfte ich gegen erste Krampfanzeichen, lief aber dennoch dann in 2:56:36 h als erster Marathonläufer ins Ziel im Hückelhovener Stadion ein. Etwa 1:27:30 h für die zweite Runde, trotz des leichten Tempoabfalls auf den letzten Kilometern war der negative Split also geglückt. Albert und Michael folgten mit 3:01er-Zeiten, ich hatte beiden auf den letzten 12 Kilometern also noch 4 1/2 Minuten abgenommen, mehr als 20 Sekunden pro Kilometer.

Es war ein wirklich gelungener Test, wobei ich den negativen Split und die verspürte Form höher bewerte als den „Gesamtsieg“, angesichts von lediglich 41 männlichen Finishern. Aber ein gutes Gefühl ist es trotzdem, als erster über den Zielstrich zu laufen. Sogar der Lokalpresse durfte ich danach Rede und Antwort stehen, siehe Bericht RP-Online.

Nach Dusche und einem wohlverdienten Erdinger alkoholfrei trat ich dann auch bald die Heimreise an. Für die Siegerehrung meldete ich mich ab. Das ist vielleicht nicht die feine englische Art, aber eine Stunde nach meinem Zieleinluf waren noch nicht mal die HM-Finisher geehrt. Die Siegerehrung erfolgte auch nur in Altersklassen & in der Sonderwertung „Stadtmeister“, überreicht wurden jedem Geehrten die Urkunde und ein „Sponsoren-Beutelchen“ mit zwei Traubenzucker, einer Packung Taschentüchern und zwei Pflastern. Eine Ehrung der Gesamtsieger war sowieso nicht vorgesehen. Ich erwarte bei derart kleinen Volksläufen (300 Starter über alle Distanzen) mit super günstigem Startgeld auch gar keine Preise, muss ich wirklich nicht haben, aber warum man sich die Mühe einer stundenlangen Siegerzeremonie aller Altersklassen & Stadtmeisterschaft machen will (viele Altersklassen wiesen sowieso nur drei oder weniger Teilnehmer auf), das verstehe ich nicht so ganz. Aber so konnte fast jeder, wenn er ausreichend Geduld mitbrachte, das Siegerpodest erklimmen. Dies ist mir also in Ermangelung selbiger entgangen.

Es ist eine von vielen Helfern liebevoll und sehr gut organisierte Veranstaltung zu einem super günstigen Startgeld. Eine schöne, gut ausgeschilderte Lauftrecke, ausreichende Verpflegungsposten, und ein schöner Zieleinlauf im Stadion. Umkleiden und Duschen direkt am Ziel. Also, eine wirklich empfehlenswerte Veranstaltung, nur das Konzept der Siegerehrung würde ich als Veranstalter überdenken.

Foto: Bernd Kanders

5 Kommentare zu „Trainings-Marathon mit Erfolgserlebnis“

  1. Hallo Moritz,

    einen fetten Glückwunsch erstmal! Klasse Leistung. So ´nen Trainingsmarathon habe ich ja auch schon hier und da mal eingebaut, nur wurde ich dabei noch nie Erster. Mit Harry und Daniel K. bildest Du also nun das Triumvirat der Laufmonster-Marathongewinner :)
    Dein Bericht ist sehr amüsant geschrieben, hat viel Spaß gemacht das zu lesen – und Deine beiden Mitstreiter kenne ich auch sehr gut, vor allem Michael, der auch seit Jahren den 3h-Brems-und-Zug-Läufer beim D´dorf Marathon macht.

    Viel Glück für Frankfurt – bin ja mal gespannt!

    LG Manuel

  2. Auch von mir an dieser Stelle nochmal herzlichen Glückwunsch und willkommen im Club der Marathonsieger:) Ich kenne auch Albert und Michael, lag aber eigentlich immer hinter ihnen im Ziel.
    Gute Erholung bis Samstag!
    Harald

  3. Moritz, das war echt super, so nebenbei mal Marathon laufen als „Trainingseinheit“ unter drei Stunden.

    Du hättest aber locker durch die Baustelle laufen können, nach ca. 100m ging es ohne weitere Schikanen problemlos bis zur Groov. Ich hab’s gemacht.

    Manchmal hat es vielleicht doch Vorteile „aufzugeben“,
    sonst wärst Du nicht in Hückelhoven gelandet….

    LG Guido

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