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50 km Bottroper Herbstwaldlauf

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„4:00er Schnitt solange die Beine tragen“ oder „Hinten raus stirbt es sich am schönsten“
. Eigentlich hätte ich nach meiner tollen Frankfurter Marathon-Bestzeit in die Regeneration gehen können, aber ich wollte mir unbedingt noch einen schönen Saisonabschluss-Ultra gönnen. Der 50 km Herbstwaldlauf in Bottrop bot sich hier vor allem an, die Distanz war überschaubar, die Entfernung vom heimischen Köln aus überbrückbar, lediglich der Termin war gerade einmal zwei Wochen nach dem Marathon in Frankfurt vielleicht nicht ganz optimal, aber die Vorteile überwogen und so meldete ich mich am Tag vor dem Meldeschluss an.

Es wäre sicher völlig unproblematisch gewesen, diesen „Kurz-Ultra“ als reinen Genusslauf in moderatem Tempo anzugehen, aber in diesem Jahr wurden dort auch die Deutschen Meisterschaften der DUV (Deutsche Ultramarathon Vereinigung) über 50 Km ausgetragen und ein Meisterschaftsrennen mit Handbremse wollte mir überhaupt nicht in den Kopf. Ich redete mir zwar lange ein, dass ich ja auch 95% laufen könnte, aber da ich mich nach dem Marathon zumindest oberflächlich gut erholt fühlte, wurde es dann doch die offensive Variante: „4:00er Schnitt solange die Beine tragen“ bzw. „Hinten raus stirbt es sich am schönsten“. Aber dazu später mehr…

Am Morgen des 10. November brach ich also gegen 7.00 Uhr frohen Mutes vom heimischen Köln aus auf. Ich fragte mich zwar, wie die Strecke nach beinahe einer Woche Dauerregen in Deutschland aussehen würde, aber weder das, noch das angesagte Nieselregen-Wetter für die ersten Stunden konnte mich schocken. Es sollte nur wenig Wind gehen und die Temperaturen schön kühl, das war mir viel wichtiger.

Ich freute mich auch, bekannte Gesichter zu treffen, insbesondere Michael Karolewski, mit dem ich über weite Strecken den Bonn-Marathon 2012 gemeinsam absolviert habe, was uns beiden eine persönliche Bestleistung einbrachte. Michael lief ich gleich bei der Startnummernausgabe über den Weg. Er wollte etwa 4:15er Schnitt laufen und mit einer Endzeit zwischen 3:30 und 3:35 Std. gab es für ihn auch Medaillenchancen in der M40. Bei mir sollte das für die DM-Wertung in der Hauptklasse (Bei der DUV analog zum DLV keine M30-Wertung) ein schwierigeres Unterfangen werden. Mit Michael und dessen Vereinskollegen Georg ging es dann in die „Kaue“ des Bergwerks Prosper Haniel, einer echten Bergmannsumkleide, die wohl auf alle Bottrop-Finisher Eindruck macht.

Wir hatten genug Zeit bis zum Start und draußen setzte zu diesem Zeitpunkt Nieselregen ein, da versammelten sich die Läufer in Umkleide und Gang. Auch drei Minuten vor dem Start war unter dem Start/Zielbogen noch kaum jemand zu sehen, Ultraläufer haben eben die Ruhe weg. Ich traf bis zum Startschuss noch weitere bekannte Gesichter: Marcus Baldauf aus Thüringen, der im letzten Jahr den Röntgenlauf siegreich absolvierte und Gesamt-Zweiter der diesjährigen europäischen Ultracup-Serie (Europacup der Ultramarathons) geworden ist und Gert Mertens, ein starker Vielstarter aus Belgien, dem ich bei allen meinen drei diesjährigen Ultra-Auftritten über den Weg lief.

Pünktlich um 9 Uhr werden wir dann auf die zwei Mal zu durchlaufende25 Km Runde geschickt. Sofort stürmen die ausgemachten Favoriten (Lars Rößler, Tobias Hegmann und die beiden Niederländer Jeroen Romeijn und Ralf Preibisch, gefolgt von zwei weiteren mir unbekannten Läufern und Dirk Kiwus, der als einziger Läufer im vorderen Feld auf einen Trinkrucksack setzt).

2013-10-05_1542.jpgDahinter dann bildet sich eine 6er-Gruppe heraus, die sich knapp unter 4er-Schnitt einpendelt, alleine laufen mag ich nicht und so schließe ich mich an. Die Gruppe ist gut besetzt mit dem 100 Km Kaderathleten Jan Hendrik Hans, den ebenfalls 100 Km erfahrenen Florian Böhme, Vinodkumar Shrinivas und Bernhard Munz, komplettiert mit dem 19jährigen Lauftalent Mirco Berner, der erst seit einem guten halben Jahr trainiert und uns an diesem Tag alle überraschen sollte. Trotzdem, ich kann mit dieser Gruppe mithalten und wäre es nicht zwei Wochen nach dem Marathon, dann hätte ich nicht einmal Bauchschmerzen dabei. An diesem Tag aber frage ich mich doch, wie lange ich dieses Tempo durchziehen kann und ich versuche die Gruppe zumindest auf 4er Schnitt zu bremsen, was nur mit Mühe gelingt, da gerade Mirco und Vinodkumar immer wieder auf die Tube drücken. Jan Hendrik und Florian sind da deutlich ruhiger. km 10 nach 39:42 Min, km 20 nach 1:19:08 Std. Bernhard lässt sich leicht zurück fallen, dafür sammeln wir vorne Dirk Kiwus ein. Bei km 25 zur Halbzeit stoppt meine Uhr bei 1:38:53 Std., mehr als eine Minute „Vorsprung“ auf den 4er Schnitt.

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Zu Beginn der 2. Runde gibt Mirco Gas, Vinodkumar versucht anfangs dran zu bleiben, aber das ist aussichtslos. Florian ist leicht nach hinten zurück gefallen und ich versuche mit Jan Hendrik den aktuellen Schnitt zu halten, was mir zu diesem Zeitpunkt recht mühelos gelingt. Die Beine sind gut an diesem Tag. Noch… denn das dicke Ende sollte noch folgen. km 30 nach 1:58:26 Std., wir laufen auf Vinodkumar auf, der Junior Mirko entschwindet dagegen am Horizont. Nun sucht auch Jan Hendrik seine Chance und hält das Tempo weiter hoch, ich kann nicht mehr mit, ich bin nun am Limit. km 40 nach 2:38:33 Std., die letzten 10 km schon ganz leicht über dem 4er-Schnitt. Ich weiß jetzt, dass die letzten 10 Kilometer hart werden. Zwar haben wir zwischenzeitlich Ralf Preibisch überholt und ich höre, dass der zweitplatzierte Tobias Hegmann ausgestiegen ist, aber nun werden die Beine schwer.

km 42 nach 2:47:00, die Marathon-Marke dann noch mit einer 2:47 auf der Uhr, meine zweitschnellste je gelaufene Marathon-Zeit, trotz 95% Waldwegen, die zwar zum Glück nur stellenweise matschig und rutschig sind, aber dennoch bei weitem nicht so gut „rollen“ wie City-Asphalt. Nach der Marathon-Marke ist der Stecker endgültig gezogen. Meine Pace sinkt beinahe schlagartig auf 4:30 und ich hangele mich von Kilometer zu Kilometer. Jeden Kilometer zähle ich herunter. Dirk Kiwus läuft drei km vor dem Ziel an mir vorbei und fordert mich zum Mitlaufen auf, aber ich kann nicht mehr. Wobei die Atmung und auch die Energieversorgung absolut unproblematisch sind, nur die Beine und der Kopf, die wollen einfach nicht mehr.

1,5 km vor der Ziellinie überholt mich dann auch Ralf Preibisch wieder und obwohl auch dieser sichtlich kämpfen muss, kann ich vor allem vom Kopf her hier nicht mehr mitgehen. Der letzte Kilometer geht dann mit 4:28 min. weg, von Zielspurt kann keine Rede sein.

2013-03-16_00572.jpgIch rette mich in 3:23:07 Std. als 9. der Gesamtwertung (3. M30) ins Ziel, kann den angestrebten Top 10-Platz also knapp gegen die weiteren Verfolger behaupten. Mit der Zeit bin ich aber angesichts der Umstände sehr zufrieden, die Bestzeit des bisher einzigen 50 km-Auftritts um mehr als 17 Minuten verbessert, das dicke Ende habe ich mir durch den offensiven Angang schließlich selbst eingebrockt. Aber es ist auch ein verdammt gutes Gefühl, nach einem 50er platt ins Ziel zu laufen und dennoch mit sich und der Welt zufrieden sein können.

Alles war in diesem Herbst auf den Marathon in Frankfurt ausgerichtet, der Start beim Bottroper Herbstwaldlauf und damit auch bei der 50 km-DM war eine reine Zugabe. Und diese Zugabe betrachte ich als sehr gelungen. Bleibt noch eine Frage: Was ist es eigentlich geworden in der DM-Wertung? Sieger Lars Rößler war unantastbar, der Vizemeister Mirco Berner hat uns alle überrascht (ohne Zweifel ein Riesentalent) und auch der 3. Adam Zahoran ist ein verdienter Bronze-Gewinner. Dahinter folgen dann Jan Hendrik Hans, trotz Bestzeit nur der undankbare Vierte und Dirk Kiwus.

2013-11-10_0999.jpgIch bin dann tatsächlich noch gerade so in den Top 6 der Deutschen Meisterschaft gelandet. Zwar weisen die Ergebnislisten anfangs noch den Belgier Wouter Decock als DM-Teilnehmer aus, aber da er weder Deutscher ist, noch für einen Deutschen Verein startet, werde ich als 6. der Gesamtwertung bei der Siegerehrung aufgerufen und mit einer Urkunde bedacht. Zu einer Medaille in meiner Altersklasse hat es nicht gereicht, da war die Hauptklasse einfach zu stark besetzt. Aber nächstes Jahr darf ich dann auch bei nationalen Meisterschaften bei den „Senioren“ in der M35 mitmischen.

Fazit: 50 km Herbstwaldlauf in Bottrop – eine tolle Zugabe und ein gelungener Saisonabschluss.

Veranstalter/Ergebnisse

Alternativer Laufbericht von Hannes Christiansen

Fotos: Gisela Maubach/Kai Engelhardt/Thomas Koch

5 Kommentare zu „50 km Bottroper Herbstwaldlauf“

  1. Glückwunsch Moritz,
    ich dachte schon, ich wäre bekloppt, 2 Wochen nach dem Marathon den Platinman zu laufen. Aber 2 Wochen nach dem Marathon einen Ultra drauf zusetzen… alle Achtung.
    jetzt aber gute Erholung…
    Gruß
    Daniel

  2. Hallo Moritz,
    hiermit zolle ich Dir noch mal Hochachtung und Respekt. Du hast ein großes Talent für die ganz langen Strecken, was ich nicht erst seit dem Röntgenlauf weiß, den Du ja im Vorjahr noch 13 Minuten schneller als ich absolviert hast. Schade, dass Deine tolle Leistung nicht noch mit Edelmetall belohnt wurde, war schließlich alles echt eng zusammen da vorne. Aber ein 6. Platz bei den Deutschen DUV Meisterschaften ist ein Meilenstein in Deiner Karriere. Ich glaube die nächsten 50 km Meisterschaften sind bereits in einem halben Jahr, vielleicht bereitest Du Dich dann gezielt darauf vor :)
    Nun eine gute Regeneration – ich befinde mich schon in selbiger ;-)
    LG Manuel

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