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Platinman: Geschafft, aber nur noch Blech im Ziel

2013-02-04-0720.jpgProlog: Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts ging mit dem Platinman der bis dahin härteste Berglauf in der Region Rhein-Sieg-Kreis an den Start. Auf einer landschaftlich sehr reizvollen Gesamtstrecke von 17,4 km galt es mehr als 500 Höhenmeter zu überwinden, die sich auf fünf Anstiege mit teilweise mehr als 23% Steigung verteilten. Der Lauf erfreute sich schnell wachsender Beliebtheit. Die Teilnehmerzahlen schossen in die Höhe und stellten die Organisatoren um Bernd Rieck und Ralf Radke vor zunehmend größere logistische Aufgaben.

Leider kam es aufgrund von Anwohnerprotesten 2001 zur bisher letzten Austragung. Das sollte sich 2013, nach mehr als zehnjähriger Pause, ändern. Der Platinman, der nur noch in Form eines jährlichen Gedächtnislaufes existierte, feierte offiziell seine feierliche Wiederauferstehung! Als Ausrichter fungiert nun das Triathlon-Team Hennef um Cheforganisator Axel Gerlach, der die Strecke modifiziert, verlängert und partiell noch verschärft hat. Auf insgesamt 24,76 km mussten nun ganz offiziell mehr als 800 Höhenmeter (genau 815) überwunden werden. Die Laufmonster erfuhren dank Mitorganistor Michael Wank bereits im Februar vom Lauf und alle Bergziegen meldeten sich mehr oder weniger unmittelbar an, so dass wir uns als Belohnung zum Teil die ganz niedrigen Startnummern sichern konnten. So weit zur Vorgeschichte der Wiederauflage des nunmehr mit Sicherheit härtesten Berglaufs in Nordrhein-Westfalen.

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Gegenwart:
 Jetzt sollte es also endlich losgehen. Berglauf- und Vereins-Meisterschaften der Laufmonster in Lauthausen. Ich machte mir im Vorfeld keinen großen Kopf um die auf sieben (!) schön knackigen Steigungen verteilten Höhenmeter. Einfach starten, laufen und sehen, wie weit einen die Knochen und der Kopf tragen. Einen ersten Dämpfer in – früher nicht für möglich gehaltenen – Sachen Berglauf-Ambitionen gab es allerdings bereits im August beim Malberglauf in Hausen am Fuße des Westerwalds, der ein ähnliches Profil auf allerdings lediglich sechs Kilometern aufweist. Hier musste ich auf einigen Abschnitten schon gehen und kam in 33 Minuten nur knapp unter den ersten 100 Finishern ins Ziel. Vorrangiges Problem danach: wo Steigungen trainieren? Denn das ist das A und O für einen erfolgreichen Berglauf. Glessener Höhe? Trotz der Nähe (zeitlich) kaum zu schaffen. Ich vermisste mein vor zehn Jahren freiwillig aufgegebenes Trainingsterrain in Bergisch Gladbach am Fuße des Bergischen Landes und konnte bzw. kann im Kölner Westen nach wie vor nur im absolut Flachen trainieren. Großes Manko!

Mitstreiter Daniel Fink kam mir bei der Abholung um kurz nach neun in Frechen-Königsdorf quasi schon entgegen, so dass sich die avisierte Fahrtzeit der vom Navi vorgegebenen 35 Minuten nochmals reduzieren sollte. Und so war es. 9.50 Uhr und damit deutlich eine Stunde vor dem Start um 11 Uhr kamen wir in Lauthausen an und wurden just von Michael Wank auf dem offiziell vorgesehenen Parkplatz eingewiesen. Eine längere Schlange vor dem Meldebüro sollte kein Problem darstellen, wohl aber der Regenschauer, der genau in diesen Minuten niederging und uns erstmals durchnässte. Auf dem Weg vom Auto zum 600 Meter entfernten Startbereich regnete es weiter unaufhörlich und die über die Berge ziehenden grauen Wolkenfetzen verhießen nichts Gutes.

Am Startbogen vernahmen wir erstmals die Stimme von Jochen Baumhof, der als offizieller Moderator einmal mehr Dreh- und Angelpunkt für die Stimmung der vor dem weiter unaufhörlich plätschernden Regen in allen verfügbaren Zelten Schutz suchenden Starter war. Zum Glück schlossen sich wenige Minuten später die Schleusen. So ging es um 11:02 Uhr sozusagen pünktlich los über die auf den ersten Metern völlig durchnässten Wiesen unmittelbar in den ersten Trail. Bereits hier zeigte sich, was uns aufgrund der Regenfälle der vergangenen Wochen die gesamten knapp 25 Kilometer begleiten sollte: Schlamm, Schlamm und nochmals Schlamm, tiefe zum Teil kaum mehr passierbare Wege, nasse Wiesen und rutschige Passagen ohne Ende.

2013-11-10_00015.jpgIch orientierte mich mehr oder weniger an den schnellen Damen Marlen Günther und Birgit Lennartz, die augenscheinlich nicht ohne Grund auch mehr oder weniger verhalten angingen und zunächst einmal in das Rennen kommen wollten. Die spätere Siegerin Caprice Giehl gab hier schon ordentlich Gas und sollte ihren Platinwoman-Triumph in 2:02:52 h auch unangefochten nach Hause laufen. Oben in Altenbödingen, dem früheren Startort angekommen, ging es im Zickzack über die Felder vorbei an völlig verdutzten Pferden, bis hinter Driesch nach ca. drei Kilometern der den Parcours prägende Rundkurs erreicht war. Nach dem ersten Abschnitt in 6:43 Minuten pendelten sich die Splits in erträgliche 4 Minuten plus-Zeiten ein, so dass trotz der zu erwartenden weiteren Hammer-Steigungen aus meiner internen Laufmonster-Sicht durchaus etwas zu reißen schien.

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Die Beine waren gut, die Atmung auch, und ich war zu diesem Zeitpunkt das schnellste Laufmonster, was will man mehr? Es ging bergab zum Halberger Bach, um zwischen km 4 und 5 unvermittelt wieder anzuziehen. So ist das eben im bergischen Land, die Steigungen sind kurz und knackig. In Oberhalberg standen sogar einige Zuschauer (u.a. Rafael Fuchsgruber) und begrüßten uns mit Ratschen. Kay hatte mich passiert und nahm auf dem nun folgenden längeren Gefällstück Richtung Auel richtig Fahrt auf, so dass ich ihn mehr und mehr aus den Augen verlor. Auch Birgit und Marlen kamen näher, aber das war völlig OK. Unten im Tal folgte auf Höhe km 8 ein Abschnitt an der Hochwasser führenden Sieg.

An der nächsten Gabelung knickte der Parcours links ab ins Hunnenbachtal, dass wir an den sehr steilen Flanken bis zur nächsten Möglichkeit, durch das Tal zurückzulaufen, durchqueren mussten. An dieser Stelle verfiel ich erstmals in einen schnellen Gehschritt. Die Konkurrenten vor und hinter mir allerdings auch. Zurück an der Sieg folgte zwischen km 11 und 12 der Königsabschnitt: der Aufstieg zum Stachelberg. Unmenschlich hart ging es hier hinauf, zum Teil konnte oder besser musste man sich an einem nassen Gummiseil hochhangeln. Birgit und Marlen passierten. Die Anhöhe bei Honscheid war dann wieder einigermaßen flach, aber die Beine wollten kein rechtes Tempo mehr aufnehmen und blockierten zusehends. Cola oder ein Gel wäre an dem folgenden Verpflegungsstand schon schön gewesen. Nur liebevoll drapierte Bananen- und Apfelstücke und Wasser waren irgendwie etwas wenig.

Anschließend stürzten wir uns wieder zurück ins Hunnenbachtal. Das war möglich, weil die Gefällstrecke trotz Feldweg-Charakter geteert war. Es folgte der unangenehmste Teil der Strecke, eine endlose Rampe bis km 15 an der Römerstraße. Ich hasse diese fischigen Steigungen, nichts Halbes und nichts Ganzes. Reinhard hatte damit überhaupt keine Probleme und lief auf dem folgenden Gefällstück ins Königsbachtal von dannen. Wir folgten dem Tal bis zur Mündung in den Derenbach. Hier gab es wieder Verpflegung, aber immer noch keine schnell verwertbaren Kohlenhydrate.

2013-11-10_00036.jpgZwischen km 17 und 18 ging dann auf der nächsten Steigung zwischenzeitlich die Welt unter. An einem Fleck, den selbst im Sommer kein Sonnenstrahl erreicht, schickte man uns durch einen aufgeweichten und quasi unpassierbaren Hohlweg. Und es wurde immer dunkler, so dass man kaum noch die Hand vor Augen sehen konnte. Wieder im Licht tauchte Daniel hinter mir auf und versuchte mich zu motivieren. Leider vergeblich, der Platinmann war zur Blechbüchse mutiert. Als wäre das alles noch nicht genug, beorderte uns eine nette Dame nochmals in das Derenbachtal bis zur Mündung in die Bröl, jetzt lagen zur Abwechslung einmal Äste auf dem nadelübersähten Waldboden. Die finale Rampe ging ich mittlerweile ordentlich frustriert strammen Schrittes hinauf. Zum wiederholten Mal auf der Römerstraße wurden wir auf Höhe km 22 auch noch von Thorsten Holler und seinen Leuten von Eventfotografie 24 abgelichtet. Irgendwie gemein…

2013-11-10_00044.jpgNun ging es auf dem bekannten Hinweg durch Driesch zurück nach Lauthausen ins Tal. Auf den flachen Abschnitten noch ein wenig Fahrt aufnehmen, die Treppe meistern und dann in Serpentinen hinunter zum Zielbogen. Bereits über einen Kilometer vorher konnte man deutlich vernehmen, dass da unten etwas gebacken war und es kristallisierte sich mehr und mehr Jochens Stimme heraus. In Riesen-Schritten strebte ich dem Ziel entgegen, dass ich mehr schlecht als recht in 2:24:07 h erreichte. Jetzt erst mal eine Apfelschorle und ein herzhafter Biss in den allen Finishern überreichten Weckmann, dann war die Sache abgehakt. Daniel war bereits seit sechs Minuten im Ziel und kühlte langsam aus, so dass wir beschlossen, uns unmittelbar zum doch relativ weit entfernten Auto aufzumachen. Auf Siegerehrung und Brimborium hatten wir angesichts der schnell auszehrenden Kälte keine Lust mehr, zogen uns kurz um und fuhren im gut geheizten Auto der Heimat entgegen.

Epilog: Als schneller Wanderer spüre ich heute keine ernsthaften Folgen des gestrigen Gewaltaktes. Aber die können natürlich noch kommen. Völlig umgehauen hat mich allerdings eine üble Magen-Darm-Grippe, die mich letzte Nacht heimsuchte. Momentan geht also erst mal gar nichts mehr…

8 Kommentare zu „Platinman: Geschafft, aber nur noch Blech im Ziel“

  1. Hallo Kai,
    schöner Bericht. Glückwunsch zum bestandenen Härtetest. Wenn ich das lese, kann ich froh sein, letzte Woche die Kurzstrecke genommen zu haben.
    Gute Besserung!
    Natürlich auch einen herzlichen Glückwunsch an alle anderen Finisher!
    Sabine

  2. Ein sehr schöner Bericht von der Laufmonster-Bergmeisterschaft.

    Und wer ist jetzt der Bergmeister unter den Laufmonstern? Wenn ich die Ergebnisliste richtig überblicke dann ist es der Laufmeister…

    Aber auf jeden Fall einen dicken Glückwunsch an alle Laufmonster zur erfolgreichen Bergprüfung.

    Und an Kai eine gute Besserung!

  3. Eindrucksvoller Matsch-Bericht! Sehr schön Kai und gute Besserung! Allen Monster-Finishern herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Bergmatsch-Maloche und Kay-Uwe Gratulation zum ersten Platin-Monster.
    Ich war zur gleichen Zeit in der verbotenen Stadt um den Unterbacher See auch unterwegs, allerdings ohne Berge und mit weniger Matsch auf nur 10km. Hätt janz joot jejange!
    Allen gute Erholung!
    Harald

  4. Zutreffende Zusammenfassung dieses schönen und harten Laufs. Mir hat die Schlammschlacht echt Spass gemacht und freue mich auf die nächste Auflage.
    Du hast übrigens Jose vergessen, der dich irgendwann zwischen km 18 und 22 überholt haben muss… :-)
    Gute Besserung und bis zum Stammtisch…
    Wer noch nicht genug Berge gesehen hat, dem kann ich wieder mal den Frechener Cross am 23.11 empfehlen. Kein echter Cross dafür mehr Bergauf-Bergab Kurs. Wahlweise 2x oder 4x den Rundkurs am Frechener Stadion

  5. Hallo Kai,

    das mit dem Magen-Darm ist natürlich nicht gut. Gute Besserung. Ich kann nur sagen, aua, was habe ich für einen fetten Muskelkater! Zum Glück habe ich mir das Profil vorher nicht angesehen und konnte auch nicht an einem Probetraining teilnehmen, ich glaube ich wäre nicht gestartet.

    Wünsche allen eine gute Erholung, ob ich das aber noch mal brauch, ich weiß es nicht. Oder muss ich nächstes Jahr den Titel verteidigen?

    VG LM Kay

  6. Herzlichen Glückwunsch an die frisch gebackenen Laufmonster-Platinmänner! Nach der Lektüre dieses anschaulichen Berichts ist mein Respekt noch gewachsen …

    Gute Erholung allen Finishern
    und gute Besserung an Kai!

  7. Hallo, auch wenn in großen Teilen der Bericht stimmt und jede Laufveranstaltung für jeden Teilnehmer natürlich ein subjektives Erlebnis ist, wird an der ein oder anderen Stelle doch maßlos übertrieben bzw. ein aus meiner Sicht falsches Bild erweckt.

    „Zwischen km 17 und 18 ging dann auf der nächsten Steigung zwischenzeitlich die Welt unter. An einem Fleck, den selbst im Sommer kein Sonnenstrahl erreicht, schickte man uns durch einen aufgeweichten und quasi unpassierbaren Hohlweg. Und es wurde immer dunkler, so dass man kaum noch die Hand vor Augen sehen konnte. “

    Also ich bin mit 2 Lauffreunden zusammen die Strecke in gut 2.57h gelaufen, insgesamt würde ich sagen, dass die ersten 2 KM recht matschig waren und hier und da noch mal 1-2 km, macht zusammen keine 5 km sprich die anderen 20 km konnte man sehr gut auf Asphaltwegen, Wanderwegen und selbst auf Trails sicher laufen bzw. gehen, unpassierbare Wege gab es eigentlich keine, sonst wären nicht alle Läufer ins Ziel gekommen, zu jeder Zeit war eine Sicht von 50m+ garantiert ;)
    Auch wenn manch Heldenstory schöner zu lesen ist würde eine etwas realistischere Beschreibung des Tages die Veranstaltung wohl genauer treffen, auch mit der Verpflegung war ich z.B. insgesamt zufrieden, mehr und umfangreicher kann es irgendwie natürlich immer sein, es gab aber alles, was ein Läufer zum Bewältigen des Laufes gebraucht hat.
    Ansonsten steht in vielen Ausschreibungen, dass die Siegerehrung und das andere „Brimborium“ zu der Veranstaltung gehört und sich die Veranstalter entsprechend freuen, wenn möglichst viele Läufer/innen daran teilnehmen, auch wenn sie wie ich als 211. nix gewonnen haben, kann ich dem nur zustimmen.

  8. Alle Achtung, Kai. Du hast es gepackt. Einfühlsamer Bericht. Ich bin schon fertig und muddy vom Lesen. So ein Rennverlauf kommt mir irgendwie bekannt vor… Vielleicht hättest du unterwegs doch die eine oder andere Zigarette rauchen sollen… Gute Besserung.

    Hochachtung auch für alle übrigen Monster, die sich der Mission gestellt und gefinisht haben. Gratulation dem Vereinsmeister Kay-Uwe und der Vereinsmeisterin Christiane sowie Reinhard und Daniel zu Silber und Bronze. Das muss gefeiert werden.

    Karsten ist ein Spaßverderber.

    LG Guido

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