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Wer lange läuft, der ist hier richtig!

Von Dünen, Deichen, Dauerläufen und einer „dollen“ Zeit

201204150901.jpgNicht Kenia und auch nicht Südafrika! Mich verschlug es nach Ostern für einige Tage auf die schöne nordfriesische Insel Amrum (fries.: Oomram). Eine Woche nach dem erstmalig stattgefundenen Marathon auf der Nachbarinsel Föhr (Verena berichtete eindrucksvoll von jenem Event) wollte ich neben Fisch, Flens und Faulenzerei die salzige Nordseeluft nutzen, um wie vor zwei Jahren die läuferischen Grundlagen für einen erfolgreichen Marathon in Düsseldorf Ende April zu verbessern.

Nach den bereits zahlreichen Trainingskilometern und den sehr erfreulichen persönlichen Ergebnissen im Jahr 2012 sowie einer überstandenen Erkältung galt es Dünen und Deiche im Dauerlauf zu überwinden und gegen Wind, eventuelle Wellen und weichen Sand am Strand (der Kniepsand ist Deutschlands breitester Strand) anzukämpfen, um nötige Ausdauer und Wettkampfhärte zu erlangen. Dass sich die Trainingswoche auf Meereshöheniveau (Salzluft statt Höhentraining) mit knapp hundert Trainingskilometern, inklusive eines 40 km langen Dauerlaufs um die gesamte Insel, gelohnt hat, zeigte sich dann am letzten Sonntag, an dem ich auf der Halbmarathondistanz einen Test für den Düsseldorf-Marathon absolvieren sollte. Da bot sich der schöne Lauf-Klassiker in Köln-Zündorf unter der Leitung von Helmut Urbach geradezu an.

Es war merklich kühl und recht windig, als der Halbmarathon um kurz nach halb zwölf gestartet wurde, nachdem bereits die 10 km-Läufer unterwegs und die unteren Distanzen absolviert waren. Als Favorit auf den Tagessieg konnte ich Salvatore Di Dio ausmachen. Ansonsten fehlten viele schnelle Läufer der hiesigen Laufszene, die auch im Rahmen des PSD Bank Köln Lauf Cups an den Start gehen. Sie waren zum Teil bereits über 10 km gestartet. Darüber hinaus fanden gleichzeitig die Deutschen Halbmarathonmeisterschaften statt. Auch Kommunionsfeiern, der letzte Osterferientag und vielleicht das auffrischende Wetter mit Temperaturen unter 10 Grad ließen die Teilnehmerzahl übersichtlich erscheinen.

201204150902.jpgVom Start weg setzte sich Salvatore vorne ab und sollte ein einsames Rennen angehen und einen ungefährdeten Sieg einfahren. Nach etwa einem Kilometer des Zwei-Runden-Kurses zog sich das Feld bereits auseinander. Christian Jonen folgte an zweiter Stelle. Kurz dahinter schon meine Wenigkeit. Zu Beginn hatte noch eine kleine Gruppe um die Lauffreunde Thomas Schneider (LG RWE Power), dem „Schäng“ Cengiz Cam sowie Laufmonster Frank Carbach Anschluss gehalten, doch nach etwa zwei Kilometern sah ich keinen Läufer hinter mir mehr. Ich versuchte an Christian dranzubleiben. Bei km 5 lief ich direkt hinter ihm, zeitweise begleitet von einem freundlichen Helfer auf dem Fahrrad. Das Tempo lag zunächst bei einem Schnitt von 3:40 Minuten. Recht zügig, allerdings auch begünstigt durch den Rückenwind aus dem Norden.

Die Strecke verlief durch das alte Fischerörtchen Langel und südlich davon deichabwärts in einem Bogen durch ein kleines Waldgebiet hinunter zum Rheinufer auf die dortige Promenade. Hier herrschte dann nahezu Gegenwind, mit dem wir Läufer etwa fünf Kilometer bis zum Ziel zu kämpfen hatten, bevor es auf die zweite Runde ging. Inzwischen lief ich praktisch im Windschatten bzw. nur wenige Meter hinter Christian. Dieser hielt trotz des Windes das Tempo hoch und ich versuchte zu folgen, so lange es ging. Dies schaffte ich bis etwa km 11, also bis zum Ende der ersten Runde. Dann musste ich abreißen lassen. Ich spürte meine Beine immer stärker. „Ja, so ein Trainingslager mit einer 40 km-Einheit drei Tage zuvor hinterlässt seine Spuren“, stellte ich fest. Auf dem Weg feuerten mich nun aber auch einige gefinishte 10 km-Läufer während ihres Auslaufens an (Danke noch an Lukas, Marc und insbesondere „Laola-Annette und Jürgen“). Das machte Mut und mobilisierte Kräfte. Ich konnte das Tempo halten. Erstaunlich! Es lief einfach hervorragend, auch wenn ich jetzt allein unterwegs war.

Bei ca. km 16 kam dann wiederum die Gegenwindpassage. Hier musste doch eigentlich der Einbruch kommen, dachte ich, und es wurde wirklich hart. Vor allem die kleinen Anstiege den Deich hinauf zehrten an der Kraft. Aber was hatte ich denn die ganze Woche zuvor trainiert? Deiche, Dünen, Sand und Strand bei windigem Wetter. Das passte doch ganz hervorragend und hätte nicht besser sein können! Mir tat alles weh, aber meine Uhr zeigte mir die Möglichkeit einer neuen persönlichen Bestzeit. Was?!! Wie war das möglich trotz Wind und Kräfteverschleiß? Andererseits handelte es sich wirklich um eine schnelle Streckenführung, die keine längeren Steigungen oder extreme Wendepunkte beinhaltete. Meine Zeit aus Bonn vom Frühjahr 2011 zu toppen war tatsächlich möglich. Und so holte ich jetzt alles raus, was ging. Nix mehr Testlauf! Voll aufs Ganze! Das Monster war spätestens nun erwacht! Christian war noch immer in Sichtweite, der Abstand blieb nahezu gleich. Platz 3 war mir anscheinend sowieso nicht mehr zu nehmen, wenn nicht noch etwas Unvorhersehbares geschehen sollte.

Dann die letzte Kurve! Noch wenige hundert Meter richtig Gas geben! Ein letzter Blick auf die Uhr. Unglaublich, was ich da lesen konnte. Nochmal anziehen, ein Schlusssprint gegen die Zeit und dann… die Sensation (aus meiner Sicht)! Eine Endzeit unter 1:20 Stunden! Letztlich 1:19:42 h. Der Hammer!!! Das bedeutete praktisch den Durchbruch einer vor einiger Zeit noch nicht mal erträumt erreichbaren Laufschranke und eine Verbesserung um mehr als eine Minute. Hinzu ein dritter Platz. Vieles, aber dies hatte ich nicht erwartet.

201204150903.jpgVielen Dank nochmals an Christian, der mich quasi gezogen hat. Dir auch viel Erfolg in Düsseldorf! Vielleicht sehen wir uns ja. Er finishte als Zweiter übrigens in 1:19.17 h. Salvatore Di Dio siegte in 1:15:59 h. Thomas wurde Fünfter in 1:26:43 h (gute Besserung weiterhin!) vor Cengiz in 1:27:04 h. Laufmonster Frank belegte Rang 11 in 1:29:47 h., Laufmonster Guido finishte als 22. (2. M55!) in 1:33:58 h. Verena kämpfte sich gesundheitlich angeschlagen und ohne Stimme (noch Auswirkungen des Föhr-Marathons?) in 2:22:16 ins Ziel. Tolle Leistung!

Jetzt kann Düsseldorf kommen (natürlich der Marathon und nicht der potentielle Relegationsgegner für den 1. FC Köln)! Aber ein Marathonlauf ist immer eine ganz eigene Geschichte: Tagesform, Wettersituation und die Kraftreserven ab km 30 sind nicht immer vorhersehbar. Die Grundlagen sind jedoch geschaffen und könnten momentan optimaler nicht sein: Genügend Trainingskilometer, Deich-, Dünen-, Dauerläufe und „dolle“ Zeiten auf Amrum und beim Wettkampf am Rhein zwischen Zündorf und Langel. Und wenn es nicht läuft? Och ejal! Die Schallmauer von 1:20 h über die Halbmarathondistanz ist durchbrochen! Was will ich eigentlich mehr?

Fotoserien: 5 km-Runde und Start 10 km, Start Halbmarathon; Zieleinlauf und Siegerehrung 10 km, Zieleinlauf und Siegerehrung Halbmarathon

Zwischenstand im PSD Bank Köln Lauf Cup direkt über die Datenbank

Veranstalter: Helmut Urbach und sein Team (!)
Ergebnisse: Time & Voice
Alle Fotos von Justus Scharnagel

  1. Das ist ja wirklich der Hammer! Herzlichen Glückwunsch zu diesem Durchbruch. Bin gespannt, was du in Düsseldorf so zeigen wirst und was dann noch so alles in dieser Saison kommt.

    Natürlich auch allen anderen Monstern Glückwunsch zu diesen tollen Ergebnissen.

    LM Kay

  2. Hallo Harald,
    herzlichen Glückwunsch zu dem super Ergebnis! So ein Schallmauerdurchbruch ist schon was ganz Besonderes! Und so wie du unterwegs noch plaudern konntest, lässt das auf ein noch größeres Potential schließen, das da noch in dir schlummert.
    Bezüglich der Strecke war ich auch (wieder) erstaunt, wie flott es doch zugeht. Ich selbst bin hier auch schon einmal eine verbüffende Halbmarathonzeit gelaufen, und auch bei mir war die Strecke am Sonntag trotz Wind bestzeitentauglich.
    Auch von meiner Seite alles Gute für Düsseldorf und viele Grüße,
    Marc

  3. Harald, im Ziel sagtest Du, es sei „dein“ Wetter gewesen. Demnach hast Du also im hohen Zons morgens diese Windmaschine angestellt, die so höllisch gen Süden stürmte und allen (bis auf einem) richtig zu schaffen gemacht hat. Einfach genial (deine Leistung natürlich). Andere haben sich mit Slibovitz im Trainingslager (wer?) oder mit nachhaltiger Trainingsabstinenz (ich) vorbereitet. Dank an Manuel II (übrigens 15. der 10km und 5. der M30 in 38:41), dass er bei den unwirtlichen Bedingungen doch nicht tatsächlich mit den Fässern aufgetaucht ist. Ehre gebührt auch Sabine, unserem „Neumonster“ als Zweite der W50 in 50:17 über 10km.

    LG Guido

  4. Ganz große Klasse – Harald!
    Mit diesem Kampfgeist wirst du sicher auch beim Marathon in Düsseldorf Erfolg haben. Ich wünsche es dir jedenfalls von Herzen!

    Mir hat weniger der Föhr-Marathon als vielmehr der Klimawechsel von der guten frischen Nordseeluft zum rheinischen Wechselwetter zu schaffen gemacht. Da der fieberhafte Infekt gerade erst überwunden war, lief ich am Sonntag in Porz den HM bewußt im mittleren Jogging-Tempo und lief so als letzte ins Ziel ;-).

    Herzliche Grüße von einem (immer noch gesundheitlich angeschlagenen) Laufmonster

  5. Mojn, Mojn Harald,

    willkommen in der „neuen“ Laufwelt.
    Herzlichen Glückwunsch zu Deiner Super-PB.

    Ich drücke Dir für Düsseldorf ganz fest die Daumen – gerade was das Wetter angeht, Deine Form stimmt ja.

    Toller Bericht!!

    LG
    Torsten

  6. Vielen Dank für die Glückwünsche! Mal sehen, wie es dann wirklich in Düsseldorf läuft.
    Guido, schön dass Du die Ergebnisse der Monster vom 10er beigefügt hast!
    Thorsten, Dir auch herzlichen Glückwunsch zur „neuen Laufwelt“ im Marathon mit Deiner super Zeit in Wien!
    Hoffe, man sieht sich bald mal wieder!
    Harald

  7. Hallo Harry!
    Auch von mir noch mal einen herzlichen Glückwunsch (wie schon per Mail) zum Durchbruch der Schallmauer ! Und auch ich habe diesen HM ja noch in guter Erinnerung, da ich hier auch schon einmal siegreich war – damals noch mit Gilden-Dose als Trophäe. Und den 10er konnte ich zuvor ebenfalls schon einmal mit Bestzeit abschließen…
    Ich habe mir dann ja einen Tag später die Halbmarathon DM in Griesheim angetan – wie Ihr vielleicht alle wisst, hat der Wind da nochmals aufgelebt. Aber ich wurde mit nie erwartetem Mannschafts-Silber belohnt und bin mit meiner Zeit dort hoch zufrieden (hätte immerhin evtl. mit Salvatore mitlaufen können ;-)
    Dir Harry nun viel Erfolg für D´dorf – lass es krachen. Wenn Deine Entwicklung so weiter geht, läufts Du die 1:19 h irgendwann mal als Durchgangszeit im Marathon :)

    …die Laufmonster schreiben mal wieder Geschichte(n) !!!
    LG Manuel

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