Die Stimmung war grandios bei den Deutschen Senioren-Meisterschaften in Minden. Der Läufertrupp des TV Refrath mit Coach Jochen Baumhof war bestens vorbereitet. Doch was dann bei der 3-Tages-Veranstaltung im schmucken Weserstadion abging, übertraf selbst die kühnsten Träume. Doch der Reihe nach. Rolf Spenrath hatte endlich das Glück, im B-Lauf über 800 m der M60 einen etwas stärkeren Konkurrenten zu treffen, der ihn ziehen konnte. Spenrath überspurtete Toni Schreiner vom LZ Wippetal und siegte in 2:28,19 min. Im anschließenden A-Lauf bummelten die starken Läufer derart, dass diese bis 200 m vor dem Ziel 2 Sekunden langsamer waren als der Refrather. Doch letztlich fehlten dem Lindlarer als gesamt 4. nur 6/10 Sekunden zur Bronzemedaille.
Bereits um 10.15 Uhr mussten am nächsten Tag die Damen über 5.000 m starten. Vom ersten Meter hellwach lief Antje Wietscher (bisherige Bestzeit 20:27 min.) forsch an und sorgte dafür, dass nach einer Taktikrunde das Tempo hoch blieb. Gleich vier Läuferinnen der Altersklasse W55 hingen wie die Kletten bis zum Läuten zur letzten Runde beieinander. „Ich wollte meinen Rhythmus durchziehen und habe auf die Taktik meines Trainers vertraut“ war die Leichlingerin überglücklich, als sie mit nur einer Sekunde Rückstand in 19:52,69 min. die Silbermedaille hinter der spurtstärkeren Petra Schmiemann vom ESV Münster errang. Gleich vier Damen kamen auch dank Wietscher unter 20 Minuten ins Ziel.
Zündorf-Schäpers-Boye: Team-Gold als Überraschungscoup
Drei Stunden später wurde dieser Erfolg noch getoppt. Sigrid Zündorf lief als Startläuferin in der 3 x 800 m Frauenstaffel an. Routiniert und abgeklärt spulte sie ihre zwei Stadionrunden in 2:34 min. ab und überholte sogar noch kurz vor der Übergabe des schwarzen Aluminiumstabes eine Konkurrentin, so dass Platz 4 als Zwischenstand heraussprang. Trainer Baumhof, mit zwei Stoppuhren und Kamera bewaffnet, kontrollierte die Zwischenzeit von Mittelstrecken-Novizin Silke Schäpers bereits nach 100 m: 18 Sekunden waren perfekt. Mit langem Schritt flog sie förmlich an der vor ihr liegenden Konkurrenz innerhalb der ersten Runde vorbei, übergab nach 2:25 min. mit rund 40 Meter Vorsprung und einem ziemlich leisen „Hepp“ an TVR-Schlussläuferin Julia Boye.
Die in Gummersbach ansäßige Ärztin ließ anschließend nichts mehr anbrennen und hielt die sechs Jahre jüngere Christiane Raufer vom Titelverteidiger StG Burgdorf-Helstorf auf Distanz. „Geil, geil geil“ waren die ersten Worte, die Boye, wie ein Maikäfer auf dem Rücken liegend, hervorbrachte. Mit dem neuen Vereinsrekord von 7:23,40 min. und 5 Sekunden Vorsprung holt der TV Refrath im ersten Anlauf gleich den Deutschen Meistertitel. „Wir hätten vor vier Wochen jeden für verrückt erklärt“ waren sich alle unisono einig.
Da hatte es die 3 x 1.000 m Männerstaffel in der Besetzung Dirk Heuschen, Detlef Jahner und Irek Meyer, die alle auch im PSD Bank Köln Lauf Cup 2011 unterwegs sind, gegen acht starke Gegner ungleich schwerer, weil sie von Hause aus keine Mittelstreckler sind. Mit einer ausgeglichenen Mannschaftsleistung steigerten sich die Drei auf 8:48,15 min. und belegten einen tollen 6. Rang.
Rolf Spenrath – das Comeback eines Mittelstrecklers nach 39 Jahren
Nach seinem B-Lauf-Sieg und für zwei Minuten „gefühlter Meister“ ein Tag zuvor, stand Rolf Spenrath im zweitem Vorlauf über 400 m an der Startlinie. Aus zwei Vorläufen wurden die sechs zeitschnellsten Viertelmeiler für den Endlauf ermittelt. Als Dritter in 65,11 sek. schaffte es Spenrath tatsächlich so gerade eben in den Endlauf, wo er als 6. diese Zeit bestätigte. Was für ein Comeback nach 39 Jahren. Denn bis 1972 war er in der Sportförderkompanie in Köln-Wahn und beendete mit einer Bestzeit von 1:53 min. seine junge Karriere viel zu früh.
Antje Wietscher stockt ihre Medaillensammlung auf: 3 x Gold – 1 x Silber – 1 x Bronze
Sie ist erst seit knapp einem Jahr in der Refrather Laufgruppe, aber ihre Bilanz ist bis dato schon sehr beeindruckend. Denn TVR-Trainer Jochen Baumhof förderte ihre Schnelligkeit und meldete die passionierte Marathonläuferin über 1.500 m. Ein Glücksgriff, wie sich nach 5:31,49 min. herausstellte. Die Übersetzerin deklassierte mit einem Start-Ziel-Sieg die Zweite um 11 Sekunden und gewann in diesem Jahr bereits ihren dritten Deutschen Meistertitel vor Roswitha Schlachte von der LG Hannover.
Das gleiche Spiel wie im Vorjahr: Bei Ulrich Buchmüller bedanken sich nach dem Rennen die Konkurrenten für die perfekte Pace. Für den passionierten Triathleten, der die Bahnrennen bisher mehr als Ausflug sieht, blieb nach langer Führungsarbeit und hartem Kampf um Bronze nur Platz 5 in 4:33,10 min. Doch wenn man weiß, dass er sich als Einziger – nach der Triathlon-DM nur drei Wochen zuvor – nicht gezielt hat vorbereiten können, ist das Ergebnis mehr als respektabel.