Hier ist er: der Bericht zum Strongman Run
Am 13. April sollte es also endlich losgehen. Gut vorbereitet durch regelmäßiges Bleistiftestemmen und Bürosesseltraining konnte doch eigentlich für den Strongman Run nichts mehr schief gehen. Ausgestattet mit meinen ältesten Laufschuhen (danach Sondermüll-entsorgt), meinem Radtrikot (wegen der Tasche hinten), den Rennradhandschuhen (wegen der Griffigkeit) und bewaffnet mit einer Unterwasser-Einwegkamera (die Leser mögen mir die Qualität der Bilder verzeihen) und den dazugehörigen Brillenputztüchern ging ich gut gelaunt und in freudiger Erwartung der Dinge, die da kommen, an den Start.
Dieser verschob sich zwar um eine halbe Stunde (der gesamte Weg von der Autobahn A 57 bis zum Austragungsort, dem ehemaligen britischen Militärflughafen und jetzigen zivilen Airport Weeze am schönen Niederrhein, war durch die über 4.000 Teilnehmer „dicht“). Aber alles in allem war das schon top organisiert. Veranstalter war ein namhaftes Unternehmen in der Lebensmittelbranche.
12.30 Uhr. Kurz vor dem Start noch ein Bildchen von mir im sauberen Zustand. Mit dem Countdown schob sich dann die Läufermasse auf den Rundkurs von 16 km. Oder waren es doch 18? Schade, zu weit hinten angestanden, Massen vor mir – das kann dauern! Aber nach 5 Minuten gings dann im Jogging-Tempo los.
Die ersten richtigen Hindernisse waren die „Weezer Alpen“. Eigentlich für Panzertraining konzipiert, ging es immer steil rauf und runter. Das war für mich ein schönes Warmup – ideales Berglauftraining, runter mal vorzugsweise auf dem Hintern rutschend. Die Hose muss ja ohnehin gewaschen werden.
Eine Schwierigkeit der besonderen Art stand dann bevor – die 7 Meter hohe Klagemauer. Ich hatte nachts kaum mehr geschlafen, wie sollte ich die wohl überqueren? Genug Zeit zum Nachdenken über die beste Sprungtaktik war mir und den hunderten Anderen plötzlich gegeben – Stau!! Die Entdeckung der Langsamkeit. Ruhephase.
Nach endlosen 15 Minuten Warte- und Denkzeit des Rätsels Lösung: war das etwa zu schwer? Die aufgestellten Strohballen raufklettern, sich durch die anderen festhalten lassen (eng genug war es eh), dann noch 1 ½ Meter hochhangeln über den Rest der Betonmauer und schließlich der Sprung abwärts auf die Strohballen. Geschafft, keine Knochen gebrochen!
Weiter gings zum „Römerwall“. Ein Hürdenlauf über die 1,20 Meter hohen Strohhürden. Das allerdings mehrfach hintereinander. Die Adduktoren lassen grüßen. Nach der 3. Hürde war die Technik schon im Blut. Speedtempo, Armeinsatz, über den Wall abrollen und runterspringen. Easy, aber nach dem Hindernis war der Puls echt in Wallung. Das Intervalltraining hatte begonnen. Und das mit einer Kamera in der Hand.
Als nächstes dann etwas fürs Gleichgewicht – der „Reifentanz“. Die mehreren Hundert Altreifen, übereinander geworfen, waren Gott sei Dank felgenlos. Die Strategie, die Reifen „mittig zu nehmen“, ging leider bei mir nicht auf. Es war letztendlich doch mehr Arm- als Beineinsatz. Warum nicht gleich auf allen Vieren kriechen, wenn man eh immer auf dem Boden liegt? Nee, dieser Reifentanz war gar nix für mich….
Die anschließenden „Nordwände“ waren mal wieder was für den Bergläufer, der „Treibsand“ aber eher was für die Waden-Krafthansels. Wer hatte sich aber dazwischen den schlammigen Morast einfallen lassen? Spätestens nach diesem mehrere Meter langen und bis zu 40 cm tiefen Modder war ich mit der Verknotung meiner Schnürsenkel (10 Mal) zufrieden, ich musste meine Schuhe zumindest nicht wie Andere suchen gehen und wieder anziehen.
Das folgende Hindernis war geheimnisumwittert – das „Schwarze Loch“. Der Blick zum Bunker, der durchlaufen werden musste, war durch Sichtschutz gesperrt. Was war nur drinnen zu erwarten? Mit allem Mut, meiner ganzen Lebenserfahrung und zwei Kilo schwereren Schuhen Augen zu und durch. Hier gibt’s keine Fotos, und das dunkle Geheimnis werde ich euch an dieser Stelle nicht lüften! Nur so viel: Da muss man echt hart drauf sein und seine Sinnesorgane im Griff haben!
Zur Entspannung jetzt mal ein paar hundert Meter Waldlauf, Erholung vom Schwarzen Loch. Was war nur das Nächste? Auch wenn der Geländeplan vorher verteilt wurde, ich hatte ihn schlichtweg verdrängt und außerdem auch keine Hand mehr frei. Bedingt durch einen weiteren Stau konnte ich mir die Zeit nehmen, das kommende Hindernis einmal genauer zu betrachten – die „Rattenlöcher“. Fürs Durchqueren der meterlangen Tunnelröhren war Robben und Schulter einziehen angesagt. Und ein ausschließlicher Unterarmeinsatz schont schließlich auch mal Oberschenkel und Waden.
Zur Abwechslung danach wieder ein Hürdenlauf („Pilgerpfad“) mit der bisherigen „Anlauf- und Sprungtaktik“. Aber das Beste stand mir noch bevor. Die „Schlammschleuse“ mit anschließendem „Loch Nass“. Ein riesiges Terrain, bestehend aus Schlamm, Modder und Wasser. Also
– erstens eine Fangopackung für die Beine (bis zu 1,20 Meter Tiefe; für den, der vom rechten Wege abkam, war Hilfe angesagt, aus eigener Kraft ging dann nichts mehr)
– zweitens, weil es so schön war: Robben durch Schlamm und Wasser (wirklich nur robben. Der waagerecht angebrachte Zaun in 80 cm Höhe erforderte liegenden Ganzkörpereinsatz). Und
– drittens danach Abduschen: warum nicht ein paar hundert Meter durch bis zu einem Meter tiefen, etwas recht kühlen Wasser waten?
Prima, wieder sauber! Aber wo sind nur meine Beine? Nach dem Kälteschock dauerte es schon ein paar Minuten, um zu wissen, ob noch Leben im Körper ist – kein Beingefühl mehr. Egal, jetzt die Sandkuhle wieder rauf, die Schlammschleuse und Loch Nass sind geschafft.
HALBZEIT! Jetzt das Ganze noch mal, also die zweite Runde mit den fast gleichen Hindernissen, (es kamen nur noch ein paar hinzu). Bericht: siehe oben! Nach einer hervorragend schnellen Zeit von nur 2:23 Stunden (leider keine Marathonzeit) brutto noch ein kurzer Stopp vor der Uhr, ein Foto und Schluss. Geschafft – ein Strongman, unverletzt und trotz des 8-Minuten-Schnitts zufrieden.
Angesichts meiner neuen hart erlaufenen Trend-Frisur zog ich es dann doch vor, mich direkt und unmittelbar laufend zum Auto zu begeben und jedwedem Sozialkontakt aus dem Wege zu gehen. Man(n) ist halt eitel – das richtige Leben beginnt erst nach der (warmen) Dusche.
Fazit: Ihr müsst das nächstes Jahr unbedingt mitmachen. Termin Ende März 2009 schon mal notieren! Und für den, der etwas ähnliches erleben will: Im September weile ich in der Bretagne, dort laufe ich am 21.09.2008 wieder den 32 km-Lauf „A travers L’estran“. „Travers“ ist das Durchqueren, und „estran“ ist die Watt- und Schlammlandschaft bei Ebbe… Bericht folgt!
Posted: April 17th, 2008 under Laufberichte.
Comments
Comment from Xenia
Time 17. April 2008 at 22:53
Hi Mattes,
sehr nett zu lesen. Wusste gar nicht, dass es solche Läufe gibt.
Viele Grüsse Xenia
Comment from Easy
Time 18. April 2008 at 08:16
Also Ende März 2009…da war doch schon was :-) nee da muss ich passen! Aber Du wirst bestimmt ein Laufmonster finden!
Grüsse Easy
Comment from Jupp
Time 18. April 2008 at 10:21
Hi Mathes,
ein toller Bericht. Du könntest für EDEN schreiben.
mach´s gut.
Bis Samstag
Jupp
Comment from
Time 18. April 2008 at 12:55
Hallo Mattes,
Glückwunsch zum strongman und danke für den tollen Bericht. Die Idee mit der Kamera war genial. Ob ich nächstes Jahr mitkomme?!?
Lieben Gruß von den Bonnern
Jürgen
Comment from Stefan
Time 18. April 2008 at 13:32
Ein schöner Bericht und endlich mal Fotos aus der Teilnehmerperspektive! Da spürt man förmlich schon wieder den Matsch an den Füßen.
Mir hat der Lauf – bis auf die ständigen Wartezeiten – auch gut gefallen. Hat richtig Spass gemacht.
Meinen Bericht aus der Perspektive meines Laufschuhs könnt ihr hier in meinem NotizBlog lesen, wenn ihr wollt: http://www.stefansnotizblog.blogspot.com/2008/04/ein-laufschuh-beim-strongman-run.html
Gruß aus Hagen
Stefan („Lauflöwe“)
Comment from Didl
Time 21. April 2008 at 19:56
Hallo Bleistiftstemmer und Bürohengst,
Du also gehörst auch zu den 4000 Unverwüstlichen! Mein kurzer Eindruck von dem alles in allem recht netten Artikel war:
Vom Lebensmittelveranstalter kannst Du keine Mittel für die nächsten Läufe erwarten, wenn Du noch nicht einmal den Sponsor preisgibst!
Der Lauf selbst muss ja recht erholsam gewesen sein, bei all den Ruhepausen.
Ein bissel hangeln, den Puls in die Höhe treiben (das gelingt mir auch ohne Hürden), auf Reifen tanzen, zwischendurch Schnürsenkel binden (wieder ne kleine Pause), ein kleiner Waldlauf zwischendurch, Fango für die Gesundheit und zum Schluß als Warmduscher outen.
Na ja, ich habe meinen Tag geruhsamer verbracht, deshalb will ich nicht meckern!
Herzlichen Gruß, Matthias und – weiter so!
Comment from Barbla
Time 21. April 2008 at 20:15
Ciao Mattes,
Habe deinen Bericht mit Freude gelesen!
Aber ich glaub ich laufe doch lieber in den Bergen!
Bist du dieses Jahr am Graubünden Marathon auch wieder dabei?
Liebe Grüsse aus der Schweiz und herzliche Gratulation Barbla
Comment from MattesSobieroj
Time 22. April 2008 at 20:41
Halli Hallo,
der Run war auch im Nachhinein echt witzig und mal was Anderes! Alle Sachen sauber, und beim Halbmarathon in Bonn habe ich diverse STRONGMAN getroffen. Ich freue mich schon wieder auf diese „schrägen Dinge“ ab Herbst. Doch zunächst einmal ist Training für den LGT-Marathon im Juni in Liechtenstein angesagt.
Bis denne Strongman Run Bericht 2009 folgt im April 2009!
Gruß Mattes
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Comment from Manuel
Time 17. April 2008 at 20:49
Hallo Mattes,
ein toller Bericht mit eindrucksvollen Fotos. So klasse Bilder habe ich bisher noch nicht gesehen. Das macht schon Lust auf „Ich will auch mal“ ;-) Und die Frisur ist echt trendy, da hast Du Recht.
Bin schon auf den nächsten Bericht von Dir gespannt. Du läufst schließlich schon ein paar außergewöhnlichere Veranstaltungen als wir. Also weiter so !!!!
Gruß, Manuel