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David Bowie forever: Station to Station…

2012-10-02_00001

Der Starman schwebt jetzt über uns und hat uns mit seinem Album „Blackstar“ und dem „Lazarus“-Clip ein wie immer schillerndes Erbe hinterlassen

David Bowie – Held meiner Jugend und darüber hinaus. Stilikone bis zum Horizont und weiter. Immer voller Ideen im Sinne der Weiterentwicklung der Musik, seiner Persönlichkeit und der Sprengung medialer Grenzen. 1983. Brettharter Sommer. Es war fast durchgehend heiß. Meine erste Begegnung mit „Let´s Dance“, das pünktlich am 1. April veröffentlicht wurde und unmittelbar alle Charts enterte, im Rahmen von Pubertät und allen erwachenden Begleiterscheinungen. Unglaublich cooler Song. Perfekt instrumentiert. Produziert von Nile Rodgers und mit dem viel zu früh bei einem Helikopter-Absturz zu Tode gekommenen Stevie Ray Vaughn an der Gitarre. Pop in Vollendung. Unzählige Freibadbesuche, zu denen anfangs neben weiteren 80er Perlen meistens zuallererst „Blue Monday“ in der schier endlosen und nur in dieser Form veröffentlichten Sieben-Minuten Maxi-Version über die Wiesen der Sonnenanbeter schallte.

Parallel jedoch auch immer Let´s Dance. Kaum kürzer und so unglaublich groovy. Heute immer noch. In damaligen Tagen eine Verheißung für ewige Jugend: „Put on your red shoes and dance to the blues“. Ja, Blues war für Bowie beabsichtigt und nach einer in den 70ern erstmals explodierenden Karriere mit reichlich Pop angesagt, um als über die Jahre darbende Stil-Ikone endlich das Bargeld-Konto entsprechend aufzufüllen. Der kommerzielle Durchbruch anno 1983 konnte alle Wunden heilen, die die 70er mit ihrem bewusst auf die Spitze getriebenen Super-Stardom rund um „Ziggy Stardust“, aber kommerziell eher verhaltenen Verkaufszahlen hinterlassen hatten. Innovation war gestern und sie hatte neben einem Kult, der bis heute andauert, außer dauerhafter Bewunderung und einer Stilprägung für Generationen scheinbar noch nicht viel Zählbares erbracht. Der Ausverkauf begann womöglich noch nicht einmal gezielt, aber der clevere Bowie konnte oder wollte sich dem nicht entziehen. Aller Erlös jener Zeit war trotzdem mehr als verdient. Doch der monetäre Breakthrough brachte auch ein kreatives Vakuum. Ab Mitte der 80er lief für ein Jahrzehnt fast nichts mehr nach Wunsch und auch die Fans waren verwundert. In der Folge fand er kaum mehr bzw. erst zum Ende seiner Karriere musikalisch zurück in die Spur des innovativen Genies.

1983 war umsatztechnisch sein Jahr. Er hatte auch schon so ziemlich alles gesehen. Außer Geld. Er war 36 Jahre und durfte sich zu den Klängen des bereits 1977 mit Iggy Pop geschriebenen „China Girl“ in den Wellen der untergehenden Sonne mit einer unbekannten Schönen vergnügen. Die Schluss-Bilder des damals unerhört innovativen und stilbildenden Videos sind bis heute unvergessen, sowohl hinsichtlich der Ästhetik, des Schnitts als auch der explizit zur Schau gestellten Sexualität. Der Clip war von Anfang bis Ende eine Augenweide und zugleich eine Ausweitung der Kampfzone in die Kinderzimmer aller seinerzeit heftig pubertierenden Jugendlichen. Alles geht. Offensichtlich in jedem Alter. Alles ist möglich. Doch es war leider nur das Jahr 1983 und man war 15. Bereits 1984 begann mit „Tonight“ ein zunächst kaum merklicher Niedergang, der trotz oder diverser Haupt- und Nebenprojekte erst 1995 mit „Outside“ gestoppt wurde. Endlich erschien einmal wieder eine absolut neuartige Scheibe mit richtig cooler, innovativer Musik und reichlich krudem Inhalt. Da passte es, dass „Hearts Filthy Lesson“ im umgekehrt laufenden Abspann zu „Se7en“ an allererster Position ertönte.

Endlich waren die 70er mit ihrer auf den Hit-Zenit hingezimmerten USA-No. 1 „Fame“ vergessen, die ihm erst in seiner Philly-Sound-Phase einen veritablen Hit und umfangreiche Einnahmen bescherten. Sein Co-Partner John Lennon hatte es ihm mit „Whatever Gets You Thru The Night“ ein Jahr zuvor vorgemacht, wobei auch diese Nummer eins keineswegs hausgemacht war, sondern erst aufgrund diverser glücklicher Fügungen und zum Teil überraschender Wendungen zustande kam. Danach folgte die wahrlich kreative Phase des David Bowie, die von 1976 (Station to Station) über 1977 (Low und Heroes), 1979 (Lodger) bis 1980 (Scary Monsters) andauern sollte. Von den planen und ausladenden repetitiven Momenten der Station to Station-LP katapultierte er sich und seine erwartungsvolle Plattenfirma unverhoft in die kommerzielle Low-Wüste, deren überbordende Sound-Ästhetik (verfremdete Instrumente und vermeintlich nihilistische Texte) heute noch nicht annähernd hinreichend entschlüsselt ist und von vielen Epigonen bis in unsere Tage klangtechnisch kopiert wird. Kaum ein halbes Jahr danach dann „Heroes“, seine vielleicht „rundeste“ Veröffentlichung, fängt sie doch alles ein, was den damals erst 30jährigen um- und antrieb. „Lodger“ war der mehr als musikalische Link zur Video-Ästhetik, der dann mit „Scary Monsters“ voll zur Entfaltung kommen sollte. Unglaublich kühle und cool komponierte Songs mit schier unglaublichen Akkordfolgen und alles überdauernden Refrains (Ashes to Ashes/Fashion), die in der heutigen Musik-Landschaft ihresgleichen suchen.

David Bowie ist nun mit Sicherheit leider unterwegs zum nächsten Bahnhof, nach „Space Oddity“, „Life on Mars?“, „Ziggy Stardust“, „Starman“, der „Station zu Station“ mit Kraftwerk und einem imaginären „Outside“ womöglich weit weg in einer weit entfernten Galaxie fern aller kruden irdischen Weltlichkeit. Auch wenn das Jahr 2016 damit mehr als doppelt und dreifach negativ beginnt, sei es ihm zu gönnen. Nicht nur der „Blackstar“ bleibt als Vermächtnis.

1 Kommentar zu „David Bowie forever: Station to Station…“

  1. Tja, da kann ich mich nur anschließen. Auch als eigentlicher Rockmusik-Fan kam Bowie immer wieder auf den Teller. Ein Phänomen, das jetzt fehlt. Einer mehr der Jugendhelden, die vorausgehen. Die Songs werden bleiben. We could be heroes! We are monsters!

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