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Wer lange läuft, der ist hier richtig!

Trainingsmodus aus, Wettkampfmodus ein: Königsforst Marathon 2015

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„Ich überlege, ob ich auf Sieg laufen soll“ sage ich zu Laufmonster-Kollege Manuel, als wir uns auf dem ersten ansteigenden Kilometer des 41. Königsforst-Marathon befinden und zusehen, wie sich das Feld sortiert. Matthias Leffers, Königsforst-Dauerstarter und für sein forsches Anfangstempo bekannt, ist bereits deutlich weggeprescht und dahinter ist vieles offen.

Manuel ermuntert mich, es zu versuchen, aber ich zweifle noch ein wenig. Eigentlich hatte ich nur ein verschärftes Training auf dem Weg zur Deutschen Meisterschaft über 100 km (11. April in St. Leon Rot) eingeplant, mit einer Endzeit zwischen 2:55 h und 3:00 h. Und da Manuel ähnliches plante, hatten wir uns auf einen gemeinsamen, besonnenen Angang von 1:28 h für die erste Hälfte verständigt. Und nun wollte ich nach einem Kilometer alles über den Haufen werfen?

Andererseits, warum denn eigentlich nicht? So oft bekommt man nicht die Gelegenheit, bei einem Marathon um den Sieg zu laufen und zudem ist es ein Heimspiel, denn der eigene Verein TV Refrath ist der Veranstalter. Während ich noch darüber sinniere, sortiert sich das Feld. Als starken Gegner habe ich Bodo Banischewski ausgemacht, der auf den Unterdistanzen schneller als ich ist, es bis dato aber noch nie auf der Marathondistanz versucht hat. Er lässt aber keinen Zweifel daran, dass er gewinnen will und macht auf dem Anstieg in Richtung Forsbach Druck in unserer Verfolgungsgruppe. Als es bei km 4 dann in den Wald hinein geht, hat sich eine Lücke gebildet.

Jetzt oder nie, in diesem Moment muss die Entscheidung fallen. Ich folge dem Renninstinkt und gehe hinterher. Schnell haben wir den Rest der Verfolgergruppe hinter uns gelassen, auch wenn der M50er Albert Knauf zwischenzeitlich noch versucht, dranzubleiben. Wir laufen nun knapp unter der 4:00-Minuten Pace, gleichmäßig dem enteilten Führenden hinterher. Wir sprechen nicht miteinander, wir betrachten uns ganz klar als Konkurrenten um den Sieg. Das ist Wettkampfmodus. Der Trainingsmodus ist ausgeschaltet.

Wir laufen gemeinsam über das wellige Profil der großen Waldrunde, teils auf Asphalt, teils auf festem, gut belaufbarem Waldboden. Die Pace bereitet keine Probleme, ein Hochgefühl stellt sich ein, die Vereinskollegen an der Strecke geben zusätzlichen Ansporn. Die erste Runde ist im Nu vorbei. Organisationsleiter und TVR-Mastermind Jochen Baumhof, der auch die Aufgabe als Moderator und Streckensprecher ausfüllt, ist sichtlich überrascht, als er mich entgegen der Ankündigung bereits nach 1:23:40 auf die zweite Runde schicken kann.

Ich greife die Trinkflasche an der Eigenverpflegung, höre von Vereinskollege Andreas, dass der Führende nur noch gut eine Minute voraus ist und kurz darauf im Anstieg nach Forsbach können wir ihn auch sehen. Mein Mitläufer sieht dies natürlich auch und bläst zur Attacke. Das passt mir überhaupt nicht. Mein Plan war, auf dem Anstieg nach Forsbach besonnen zu laufen und meine 400 ml Buffer-Getränk (neben einem Gel-Chip meine einzige Energiequlle) in kleinen Schlucken aufzunehmen und dann erst im Wald wieder Gas zu geben.

So läuft mir Bodo davon und hat den Führenden Matthias schnell eingeholt und zieht sofort vorbei. Ich bleibe bei meinem Plan. Gleichmäßig weiter laufen, trinken und jetzt nur nicht überpacen, dann das mag mein Magen überhaupt nicht. Auch ich hole Matthias kurze Zeit später ein, der Abstand zum nun Führenden Bodo ist gut 100 Meter.

Ich will den Abstand nicht größer werden lassen, nehme noch einen großen Schluck und lasse die Flasche an einem Kilometerschild fallen. Der Königsforst-Marathon setzt auf Müllvermeidung (Run Green) und so kann die Flasche hoffentlich eingesammelt werden, aber ich mag sie nicht noch zwei weitere Kilometer bis zum Verpflegungspunkt tragen, wie es der ursprüngliche Plan vorsah.

Ich beginne nun wieder etwas rhythmischer zu laufen. Der Abstand pendelt sich jetzt ein und bei km 25 biege ich mit 100 Meter Rückstand in den Wald ein. Auf den nun folgenden, eher abschüssigen Kilometern mache ich Druck und siehe da, der Abstand wird langsam aber sicher kleiner. Die Zuversicht steigt, auch wenn ich weiß, dass es noch ein harter Kampf werden wird. „Abstände werden gleitend und langsam geschlossen, nicht ruckartig“, hatte ich mal irgendwo gelesen. Mir fällt nicht ein, ob es Greif oder Steffny war, aber es entspricht der Wahrheit.

Bei km 28 bin ich wieder dran und setze mich nach kurzer Zeit auch an die Spitze. Bei km 30 gibt es noch mal einen ganz leicht ansteigenden Kilometer auf Asphalt. Hier beginne ich jetzt mit einer leichten Verschärfung. Bei km 30 schaue ich auf die Uhr, zum letzten Mal in diesem Rennen. Die Uhr zeigt 1:58 h, also weiterhin konstant leicht unter 4:00er-Schnitt.

Ich ziehe die Schritte lang und höre, wie der Abstand zu seinen Schritten langsam aber merklich größer wird. Ich blicke mich nicht um, will ihm zeigen dass ich stark bin und es durchziehen werde. Von Kilometer zu Kilometer wird der Abstand ein wenig größer, irgendwann höre ich die Schritte hinter mir nicht mehr, aber weit ist er nicht weg und er erweist sich als hartnäckig. Dennoch, die Lücke wird größer aber trotzdem ist das Ding noch nicht sicher. Wie schnell ist bei einem Einbruch oder Krampf eine Minute Vorsprung wieder weg und so zähle ich die Kilometer herunter.

Bei Kilometer 35 geht es mir aber immer noch so gut, dass ich das Tempo halten kann, nur der Laufstil leidet jetzt und es wird mehr und mehr ein Stapfen und Stampfen durch den Wald. Als es auf Kilometer 40 zugeht und der Vorsprung stabil bleibt, setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass ich es fast geschafft habe und vor einem Sieg bei einem lokal durchaus angesehenen Marathon stehe, in einer Reihe mit lokalen Lauflegenden wie Helmut Urbach. Das kurze Wendepunktstück im Wald gibt mir noch mal die Gelegenheit, den Abstand zu taxieren: Es sind etwa 300 Meter, die ich Vorsprung habe und es sind noch etwa 1,5 Kilometer. „Der kommt nicht mehr ran“ rufen mir die dort postierten Vereinskollegen zu. Die Beine sind jetzt schwer und es geht nochmal ein Stück aufwärts zum Zielgelände. Aber sie haben Recht, wenn mich jetzt nicht noch ein dummer Krampf ereilt, dann habe ich das Ding im Sack. Der ansteigende Kilometer zieht sich gefühlt auf die doppelte Länge, aber irgendwann ist da ein kleiner Tunnel und es ist dann das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels, wenn man um die Kurve läuft und auf die Zielgerade einbiegt. Ich bin happy, breite die Arme aus, lasse mich von den heimwärts strebenden Halbmarathonis beklatschen und laufe nach 2:47:06 Stunden (netto 2:47:04) als Sieger des Königsforst-Marathons über den Zielstrich.

Nach dem Sieg beim sehr kleinen Marathon in Hückelhoven 2013 (nur 41 Finisher) ist dies mein zweiter Sieg in einem Marathon, aber es fühlt sich deutlich größer an als der Erfolg 2013. Zwar sind es auch hier nur 191 Finisher auf der Königsdistanz (163 Männer und 28 Frauen), aber es ist ein gewonnenes Heimspiel nach einem harten Fight. Es fühlt sich gut an.

Bodo folgt gut 1 ½ Minuten hinter mir. Wir gratulieren uns und jetzt sprechen wir auch miteinander. Er konnte muskulär auf der zweiten Runde nicht mehr zulegen, plant aber in der Zukunft mehr auf Marathon zu setzen. Wenn ich noch mal in einem Marathon auf ihn treffe, dann muss ich mich sicher noch mehr strecken, um dagegen zu halten.

Während wir zur Zielverpflegung gehen, wird von Jochen der Dritte des Laufs angekündigt und zu meiner großen Freude ist es Laufmonster und Ex-Vereinskollege Manuel Skopnik, der im ersten Marathon für seinen Verein LAZ Puma Rhein-Sieg gleich einen Podestplatz und eine für diese Strecke und den Zeitpunkt der Saison ausgezeichnete Zeit von 2:51:56 erläuft. Matthias Leffers bleibt nur der undankbare 4. Platz und muss sich mit dem Sieg in der AK M45 trösten.

Ich selbst bin super happy. Die Form stimmt und die Zuversicht für die Deutsche Meisterschaft über 100 km am 11. April steigt. Das wird aber noch mal ein ganz anderes Kaliber und das Feld aller Voraussicht nach eine gute und dichte Besetzung aufweisen, denn das absolut offene Qualifikationsrennen zur stimmungsvollen WM im niederländischen Winschoten im September lockt viele starke Läufer an. Ich bin gespannt, was mich in St. Leon Rot erwartet und freue mich drauf, im erweiterten Kreis ein Wörtchen mitzureden.

Alle Ergebnisse

7 Kommentare zu „Trainingsmodus aus, Wettkampfmodus ein: Königsforst Marathon 2015“

  1. Im Berichte schreiben genau so schnell wie beim Laufen. Super Bericht zum Top-Ergebnis. Hoffe die Belastung steckst du gut weg, um in 4 Wochen voll da zu sein. Ich bin gespannt.
    Gruß
    Daniel

  2. Hallo Moritz,

    auch an dieser Stelle nochmal herzlichen Glückwunsch zu dieser einmaligen Leistung. Wenn ich im Wettkampf nur Deinen Trainingsmodus hätte, würde mir das klar ausreichen. Ich hoffe, wir sehen uns dann bald mal im Trainingsmodus am Rhein. Gute Erholung weiterhin!

    Harald, Dein Fast-Nachbar

    P.S.: Natürlich auch Gratulation an Manuel zu der Spitzenleistung! Die Laufmonster scheinen absolut fit zu sein für die Frühjahrssaison!

  3. Hallo Moritz,

    neben meinen wiederholten Glückwünschen auch Danke für Deinen Bericht und die Erwähnung meiner Person :) Da muss ich ja nur noch ergänzen…

    Der Spagat zwischen Wettkampf- und Trainings-Modus ist immer schwierig. Auch mich reizte natürlich die Aussicht auf eine gute Platzierung und so war ich, auch weil es so gut lief, ebenfalls schneller als geplant. Matthias habe ich bei KM 34 überholt. Ihr wart bereits weit entkommen, aber für eine…

  4. …was´n da los. Der Rest wurde nicht abgeschickt :(

    Wollte Dir noch viel Glück für die DM wünschen und bin gespannt, weil Du dieses Jahr schließlich schon ein wenig 100er Erfahrung mitbringst!

    Gruß, Manuel

  5. Hallo Moritz,

    in der Ergebnisliste hatte ich schon eure Erfolge gesehen. Dank deines spannenden Berichts, weiß ich nun auch, wie es dazu gekommen ist. Herzlichen Glückwunsch an dich und natürlich auch an Manuel.
    Bei dieser Form können die DM kommen. Drücke dir die Daumen, dass es dort genauso gut klappt!!!
    Sabine

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