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Zwischen Bayerkreuz und Korschenbroich

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Der Sieg beim diesjährigen Lauf um das Bayerkreuz in Leverkusen war für Ilias Fifa nach dem 2. Platz im vergangenen Jahr der gewünschte Erfolg – auch wenn die Zeit etwa eine Minute hinter der aus 2013 zurückblieb. Nachdem die Spitzengruppe den ersten km in 3:04 min. angelaufen war, zeichnete sich schon ab, dass es ganz vorne eine taktische Entscheidung geben würde. Und Ilias ist erfahren genug, um gegen einen Mittelstreckler keinen Endspurt zu riskieren und sich früh genug abzusetzen.

Ein glücklicher Sieger also, der als Team-Player durch das verhaltene Anfangstempo auch seine Freunde Mostafa Benslimane und Mohamed Ali auf den ersten Kilometern „mitnehmen“ konnte. Mostafa wäre im Ziel zwar auch gerne etwas weiter vorne gelandet, war aber nach einer gerade überstandenen Grippe mit 30:53 und dem 8. Platz dann doch sehr zufrieden.

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Bemerkenswert ist die Leistung von Mohamed, der beim Bayerkreuz 2012 hinter Stefan Koch den 2. Platz in 29:54 belegte. Der gebürtige Somalier, der in seinem Leben als Kind nie eine Schule besuchen konnte, lebt seit Jahren in der Nähe von Nijmegen und wird in Kürze Niederländer sein. Mittlerweile spricht er vier Sprachen und beginnt eine Ausbildung am Johan Cruyff Institute. Dass er ein Kämpfer ist, erkennt man auch daran, dass Mohamed nach einem Ermüdungsbruch des Wadenbeins im August 2013 wieder den Anschluss gefunden hat und nun in 30:44 den 5. Platz belegen konnte.

2014-03-09_00042.jpgDas 3er-Team Ilias, Mohamed und Mostafa wird am 6. April beim Citylauf in Korschenbroich wieder gemeinsam am Start sein. Diese Veranstaltung hat uns bereits im letzten Jahr sehr gut gefallen, und nicht nur, weil Ilias dort seine bisherige 10-km-Bestzeit gelaufen ist, sondern auch weil uns die Super-Organisation überzeugt hat. Dort wird es dann sicherlich etwas schneller als in Leverkusen. Auch ich selbst freue mich auf jede gemeinsame Aktion mit diesen Jungs, da hier Freundschaften gewachsen sind, die auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich erscheinen, aber vielleicht gerade deshalb einen ganz besonderen Wert haben.

Als W55erin, die ihre besten Zeiten schon lange hinter sich hat und bei Laufveranstaltungen überwiegend mit der Kamera unterwegs ist, genieße ich die Unternehmungen in der Lauf-Szene als willkommene Abwechslung zur Behindertenwelt, die mich beruflich und privat umgibt.

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Mein eigener Sohn (27) ist geistig schwerstbehindert, aber er scheint eine „Antenne“ zu haben, die ihm verrät, wer ihn mag und wer nicht. Ilias, Mohamed und Mostafa sind seine besten Freunde, die ihn zu Pasta-Partys mitnehmen, ihm helfen, wenn er Hilfe benötigt, mit ihm spielen usw.

Wenn wir in dieser Zusammensetzung irgendwo unterwegs sind, ziehen wir regelmäßig fragende Blicke auf uns, denn eine ältere Frau, ein geistig behinderter junger Mann und dunkelhäutige Ausländer kann man als Gruppe halt in keine Schublade stecken. Und wie sympathisch die Jungs wirklich sind, kann man ja erst wissen, wenn man sie kennengelernt hat.

Ilias und Mostafa, die in Barcelona leben, hatten uns schon wiederholt eingeladen, und im vergangenen November war es dann soweit. In Begleitung meiner (in Berlin lebenden) Tochter habe ich eine Woche lang Barcelona kennengelernt und bin von den Eindrücken einfach nur begeistert. Unglaublich niedrige Preise für Flugtickets bei Wochenend-Handgepäck lassen die Entfernung ab Barcelona leicht überwinden, und da seit dem Auszug meiner Tochter hier im Haus auch ein Gästezimmer zur Verfügung steht, sind alle Voraussetzungen für willkommene Wettkampf-Wochenenden gegeben. Der Siegerpokal aus Leverkusen steht jetzt allerdings hier bei meinem Sohnemann und mir, denn als Handgepäck im Flieger hätte er im wahrsten Sinne des Wortes teuer werden können…

Fotos von Justus Scharnagel

Ergebnisse

3 Kommentare zu „Zwischen Bayerkreuz und Korschenbroich“

  1. Im aktuellen SPIRIDON-Magazin ist heute zu lesen:

    „29:53 min zeigte die Zieluhr beim Einlauf des spanischen Dominators, der sich unterwegs zu sehr zurückgehalten hatte. Schließlich war er im Vorjahr 1 min schneller gewesen.“

    Tja – wenn man mit 23 sek Vorsprung einläuft, stellt sich die Frage, wofür man sich „zu sehr zurückgehalten“ hatte.

    Und weiter ist dann noch zu lesen:

    „Der deutsch-marokkanische Bayer-Athlet Taher Belkorchi konnte sich nach Rang 3 im Vorjahr diesmal auf den zweiten Platz verbessern. 30:16 min bedeuteten eine neue Bestzeit für den erst 18-jährigen Lokalmatador.“

    Schlecht recherchiert! Taher Belkorchi war im vergangenen Jahr tatsächlich auf dem 3. Platz – aber mit 29:24 min, so dass er sich zwar um einen Platz verbessert hat, aber jetzt 52 sek später einlief als im letzten Jahr.

  2. Hallo Gisela,

    sehr schöne und emotionale Einblicke in Dein/Euer Leben! Ich wünsche Euch weiterhin viel Spaß und Erfolg und bleibe weiter an der Kamera um prima Fotos von uns zu schießen :)

    LG Manuel

  3. Hey Manuel, vielen Dank für Deinen netten Kommentar, und ich hoffe, dass meine Mail mit einem Foto von Dir angekommen ist.

    Nachdem nun auch der Citylauf in Korschenbroich der Vergangenheit angehört, habe ich auch mal in die Berichterstattung geschaut und festgestellt, dass derjenige, der bei SPIRIDON schon geschrieben hatte, dass Ilias sich in Leverkusen „zu sehr zurückgehalten hatte“, nun auch bei laufreport.de über Korschenbroich berichtet hat, und diesmal wird Ilias von Christian Werth mit dem Attribut „Preisgeldjäger“ versehen, und zur Erklärung wird in diesem Zusammenhang erwähnt, dass er halt in Leverkusen schon gewonnen hatte.
    Bedauerlich ist, dass Christian Werth so eine Bewertung vornimmt, ohne über das entsprechende Hintergrundwissen zu verfügen.
    Der Veranstalter in Leverkusen zahlt grundsätzlich keine Startprämien und keine Reise- und Übernachtungskosten. Die Prämie für den Gesamtsieg betrug 200 Euro, und für deutsche Athleten gibt es noch eine eigene Prämien-Wertung, was ja grundsätzlich zu begrüßen ist, um auch deutsche Athleten zur Teilnahme zu motivieren.

    Wenn unter diesen Voraussetzungen aber drei Freunde aus Barcelona und NL anreisen, von denen maximal einer diese 200 Euro gewinnen kann (und auch das ist vorher ja nicht sicher), dann sollte sich ein Berichterstatter die Bezeichnung „Preisgeldjäger“ vielleicht doch verkneifen – zumal es hier einen Athleten betrifft, der in Barcelona für seinen Lebensunterhalt auch arbeitet.

    In Korschenbroich ist Ilias mit 29:12 min 41 sek schneller gewesen als in Leverkusen, aber 38 sek „langsamer“ als im vergangenen Jahr. Er hat für diesen Wettkampf sein Trainingslager unterbrochen (am Vortag angereist und am Folgetag wieder zurück), so dass er aus dem vollen Training heraus bewusst in Kauf genommen hat, in diesem Jahr „nur“ Dritter zu werden . . . und er hat jetzt schon wieder eine Einladung für 2015. Und falls er diese Einladung wieder annimmt, bleibt zu hoffen, dass er nicht wieder als „Preisgeldjäger“ bezeichnet wird!

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