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Bericht aus Bonn: semper idem

201104100016.jpgZu deutsch: Es ist in den letzten Jahren immer das gleiche: Wenn in Bonn der Marathon stattfindet, scheint die Sonne und es wird mollig warm. So war es auch dieses Mal am 10. April, als der 11. Deutsche Post Marathon Bonn über die Bühne ging. 1989 wurde mit Hilfe der Post der Marathon in Bonn aus der Taufe gehoben, aber nach einigen Jahren hatte sich diese als Sponsor zurückgezogen. Damals wurde den Organisatoren übrigens ernsthaft vorgeschlagen, mit dem Bonn Marathon doch in den Kottenforst auzusweichen. Aktuell steigt die Deutsche Post für zunächst zwei Jahre als Titelsponsor wieder ein.

201104100010.jpgVon insgesamt 11.167 angemeldeten Teilnehmern aus 45 Nationen waren am frühen Morgen, als die Temperaturen noch läuferfreundlich waren, neben Inlinern und Handbikern 5.594 (!) Läufer auf die Halbmarathonstrecke gegangen; die kompletten 42,195 Kilometer nahmen nur überschaubare 1.583 Läufer in Angriff, der Rest entfiel auf Staffeln sowie (179!) Schulstaffeln. Bundespräsident Christian Wulff gab im Beisein des Oberbürgermeisters Jürgen Nimptsch den Startschuss vor dem historischen Koblenzer Tor, und ab 10:30 Uhr wurde unter fetziger Musik nach den Spitzenläufern und Schulstaffeln auch mein Startblock auf die Strecke geschickt. Am Belderberg war es noch eng, zumal langsame und falsch einsortierte Läufer das Tempo vorgaben, aber auf dem Anstieg der Kennedybrücke zog sich das Feld rasch auseinander.

201104100011.jpgIn Bonn-Beuel feuerten uns erstaunlich viele Zuschauer an, so dass die recht gerade Strecke bis zum Wendepunkt an der Rheinaue bei Kilometer 4 und der erste Verpflegungsstand bald erreicht waren. Unter Bäumen ging es auf angenehm schattiger Strecke zurück nach Norden und über die Kennedybrücke wieder auf die andere Rheinseite. Überraschend entdeckte ich Frank Carbach am Straßenrand und grüßte ihn, woraufhin er mir ein „zu spät!“ nachrief. Später erwischte er mich aber von einem Brückenbogen herab rechtzeitig mit seinem Fotoapparat. In einer Schleife liefen wir hinunter zum Rhein und weiter auf einer schönen Strecke am Ufer entlang mit Blick auf den Fluss und das Siebengebirge bis zum Post-Tower. Ich lieferte mir ein kleines Wettrennen mit einem flussaufwärts tuckernden Schiff.

Kurz vor km 13 mussten wir leider abbiegen und am Freizeitpark Rheinaue vorbei über Petra-Kelly-Alle und Ludwig-Erhard-Allee 2 km schnurgeradeaus unter der immer stärker brennenden Sonne laufen. Hier hatte ich vor zwei Jahren bei gleichen Wetterbedingungen große Kreislaufprobleme bekommen. Diesmal hatte ich eine Kappe auf, die ich jeweils mit ihrem Schirm je nach Sonnenstand nach vorne oder hinten ausrichtete. Endlich kam der ersehnte Verpflegungsstand in Sicht, und der erste Wasserbecher wurde über den Kopf gegossen, bevor ich weitere Getränke in mich hineinschüttete. Es gab an allen 6 Verpflegungsständen Wasser, Cola, mitunter Tee und isotonische Getränke sowie stets Bananenstückchen. Von den im Vorfeld versprochenen 22.000 Dextro-Energy-Tafeln, 120 kg Nüssen und 7.000 Schokoladenriegeln sah ich allerdings nichts.

201104100014.jpgEs folgte der Wendepunkt bei km 15. Diesmal trennten rotweißen Flatterbändern beide Laufrichtungen voneinander, Kontrollmatten lagen aus, und Ordner achteten darauf, dass nicht wie 2009 Läufer abkürzen konnten. Auf der Schattenseite ging es zurück geradeaus Richtung Innenstadt. Kurz vor km 17 musste der Anstieg zur Willy-Brandt-Allee bewältigt werden. Ich verkürzte meine Schrittlänge, und manche Läufer wurden jetzt schon zu Gehern. Auf der B9, der ehemaligen ’Beamtenrennbahn’, war die Luft abgasgeschwängert, da unmittelbar neben den im Stau stehenden Autos eine Spur für die Läufer abgetrennt worden war. Im Übrigen war der Streckenverlauf fast autofrei. Nur zweimal im gesamten Steckenverlauf gelang es Autofahrern, den ansonsten gewissenhaft sichernden Polizisten wie Ordnern zu entwischen und meine Laufstrecke zu kreuzen bzw. zu befahren.

201104100015.jpgVorbei am ehemaligen Bundeskanzleramt, dem Haus der Geschichte, Museum König, Villa Hammerschmidt (stark von Polizei bewacht) und ehemaligem Auswärtigen Amt näherten wir uns dem Hofgarten. Eine große Tribüne auf der einen und ein Veranstaltungszelt der Deutschen Post auf der anderen Seite des Kaiserplatzes waren gut besetzt. Zuschauer, ein professioneller Moderator und Musik gaben uns Schwung für die zweite Runde. Über Kopfsteinpflaster liefen wir achtsam durch die Bonner Altstadt am Geburtshaus von Beethoven vorbei und wieder über die Kennedybrücke auf die andere Rheinseite. Überraschend tauchte Frank Carbach neben mir auf, fragte nach meiner angestrebten Zielzeit und gab mir einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken. Entsetzt zog er die Hand zurück, schüttelte sie und rief aus: „Du schwitzt ja!“. Das stimmte natürlich, das an seiner Hand war allerdings das Wasser, das ich mir am Verpflegungsstand übergeschüttet hatte.

Mit zunehmender Temperatur nahm die Zahl der Zuschauer ab, und so wurde es jetzt in Beuel auf den folgenden Kilometern recht einsam. Als mich eine Familie anfeuerte, entrang sich mir ein Stoßseufzer: „Ein Königreich für ein Glas Wasser!“ Antwort einer Frau: „Ich hab’ Wasser!“, und überraschend tauchte nach kurzer Zeit ein Junge mit einer halb gefüllten Plastikflasche neben mir auf. Nach dem Telekomgebäude bei Kilometer 25 ging es zum Glück weitgehend im Schatten zurück zur Kennedybrücke. Kinder bespritzten uns auf Wunsch mit Wasserpistolen. Es folgte noch einmal die schöne Strecke am anderen Rheinufer entlang. Dann waren wir bis zum Wendepunkt in Plittersdorf bei Kilometer 36 gnadenlos der Sonne ausgeliefert. Hier war Kämpfen angesagt! Endlich am Verpflegungsstand angekommen ließ ich mir Wasser über den Kopf gießen, trank mindestens zwei Becher und lief mit weiteren zwei Bechern in den Händen weiter.

201104100012.jpgNach kurzer erholsamer Schattenstrecke mussten wir wieder die Kraft zehrende Rampe zur B9 in Angriff nehmen, und mein Schnitt verschlechterte sich zusehends. Die Sonne brannte, noch zwei Kilometer geradeaus, jetzt gab es sogar eine Dusche am Rand, die ich dankbar annahm, dann kam endlich der schattige Hofgarten in Sicht und mit ihm 1,5 km Stimmung pur! Eine Kurve, noch eine Kurve, Kopfsteinpflaster, Kurve, – egal – jetzt liefen wir über den Münsterplatz durch die Fußgängerzone Richtung Marktplatz, auf der Fanmeile angefeuert von Zuschauern und Moderator. Ich mobilisierte alle Kräfte, ließ keinen Läufer mehr vorbeiziehen und lief nach 4:20:04 h ins Ziel. Mein bisher 30. Marathon und der 2. in diesem Jahr lagen hinter mir.

201104100013.jpgNach den Zwischenzeiten wäre sogar eine etwas schnellere Zeit drin gewesen, aber, wie Kai schon richtig schrieb: „In Bonn war es über die Mittagszeit wieder viel zu warm, was die Zeiten gedrückt hat.“ Von den bereits genannten 1.583 Läufern finishten 1.170 Läufer: 189 Frauen und 981 Männer. Bei den Männern siegte Fikru Ajema Jeyi (ATH) in 2:18:00 Stunden und bei den Frauen die Deutsche Silvia Krull (Detmold) in 2:47:11h. Mit der Medaille behangen wurde uns auf einem Tablett frisches Wasser angeboten, bevor es ins nahe gelegene Verpflegungsdorf ging.

Dort gab es dann reichlich zo süffele und zo müffele: Wasser, Cola, Apfelschorle, Apfelsaft, Bier, auch alkoholfreies, Schmalzbrote, Bananen, Müsliriegel, Quarkbällchen. Ich steuerte allerdings zunächst zielstrebig den Stand des Roten Kreuzes mit der sehr heißen und sehr salzigen Brühe an. Beim anschließenden Besuch der Zielverpflegungsstellen berichteten mir junge Mädchen, die als Helfer eingeteilt waren, empört, dass bereits viele Lebensmittel weggeworfen und Getränke weggeschüttet worden waren, obwohl nach wie vor hungrige und durstige Läufer eintrafen. Die entsprechende Standbesetzung hatte früh abgeräumt und wollte wohl noch den restlichen Sonntag genießen.Dankbar ließ ich mich später nach kurzer Wartezeit massieren und genoss anschließend die aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr ganz so stark frequentierte Dusche in den aufgestellten Containern.

201104100018.jpgVor dem Heimweg nach Köln wollte ich auf der so genannten „After Run Party“ im Zelt auf dem Münsterplatz das in der Startgebühr in begriffene Nudelgericht und Getränke zu mir nehmen. Laut Ausschreibung sollte die „Party“ bis 17:00 Uhr dauern. Lange vorher wurden jedoch unter ohrenbetäubendem Lärm Bierzeltbänke und -tische zusammengeklappt, während an anderen Tischen noch gegessen und getrunken wurde. Bonn rühmt sich seines familiären Flairs. Dazu gehört meiner Meinung nach auch, dass man den Marathon anschließend in gemütlicher Runde – ggfs. erweitert um Partner, Angehörige oder Freunde – ausklingen lassen kann.

Fazit: Eine bei strahlendem Sonnenschein und beinahe sommerlichen Temperaturen gut organisierte Veranstaltung mit großer Unterstützung seitens der Stadt und ihrer Bewohner, sowie eine interessante und abwechslungsreiche Strecke, die allerdings beim Marathon zweimal durchlaufen wird. So geht auch hier der Trend eindeutig hin zum Halbmarathon.

2012 findet der Deutsche Post Marathon am 22. April statt.

www.deutschepost-marathonbonn.de

Ergebnisse: www.frielingsdorf-datenservice.de

Fotos: Frank Carbach

Alle Fotos in der Pixum-Fotoline www.pixum.de/slide/5634708 oder in den Bildergalerien

5 Kommentare zu „Bericht aus Bonn: semper idem“

  1. Hallo Verena,

    super Bericht und herzlichen Glückwunsch zum 30. Marathon. Leider haben wir uns nicht mehr gesehen, da Kay und ich quasi direkt nach Hause bzw. zu Eltern fuhren. Durch Deinen Bericht habe ich jetzt noch einiges an der Strecke gesehen, was ich zwar kenne, aber bei meinem eigenen Rennen aufgrund sturem Temposchritt nicht wahrgenommen habe. Gegen Schiffe zu laufen, mache ich übrigens hier auch sehr gerne.

    Gute Erholung und bis bald
    Harald

  2. Hallo Verena,

    auch von mir einen herzlichen Glückwunsch zum 30. Marathon. Das ist schon eine sehr stolze Zahl.
    Dein Bericht glänzt wie immer mit vielen Details und da ich die Strecke ja ebenfalls am Sonntag gelaufen bin, konnte ich mich sehr gut in deine Zeilen hinein versetzen.

    Gute Erholung und auf zu den nächsten 30 ;-)

    LG Kay

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