laufmonster.de

Laufmonster.de

Wer lange läuft, der ist hier richtig!

Rückblick: Marathon 1998 in Hamburg

hamburg1998.jpgDas Marathonfieber hatte mich 1997 anlässlich des 1. Ford Köln Marathons schlussendlich doch gepackt. Eigentlich nur als Zuschauer vor Ort, um den Lauffreund Detlev Reiner von den Dauerrennern bei seinem zweiten Start nach der Premiere in Hamburg im Frühjahr anzufeuern, fand ich mich auf seiner privaten After-Run-Party so in Gespräche vertieft, dass auch aufgrund seiner guten Erfahrungen mit der Distanz und der Kölner Strecke sowie nicht zuletzt dank des guten Zuredens aller Beteiligten der Gedanke an einen möglichen Start immer realistischer wurde. Hamburg im Frühling 1998 sollte es so weit sein. Bereits im November meldete ich mich an. Zunächst überwog allerdings noch die Skepsis, die Mammutstrecke überhaupt schaffen zu können, obwohl wir im Herbsttraining 1997 mehrmals um die 30 Kilometer im Stadtwald gelaufen waren.

Nr. 1, 13. Shell Marathon Hamburg, 19. April 1998, Premiere für Joschka Fischer

Für mich war es, ehrlich gesagt, bereits der zweite Anlauf. Wir hatten die Fahrt nach Hamburg zu Detlevs Anhang schon so durchgeplant, dass ich nicht womöglich völlig unvorbereitet auf mehr oder weniger unbekannten Hamburger Straßen stranden wollte. Um der Sache zumindest gedanklich Herr werden zu können, startete ich als Generalprobe sozusagen inkognito beim Königsforst-Marathon in Bensberg. Hier galt es, zwei Runden mit zwischenzeitlicher Passage an Start und Ziel zu absolvieren. Aufgrund des allerdings für meine damaligen Ambitionen bescheidenen Trainingszustandes und des sehr welligen Profils gab ich bereits nach einer Runde mit einer Zeit von 1:55 h entnervt auf. Alle realistischen Planungen, in Hamburg vernünftig ins Ziel zu kommen, gerieten gehörig durcheinander. Ich war anscheinend nicht richtig vorbereitet, der Herausforderung mental offensichtlich nicht gewachsen. Marathon, das war vielleicht doch nichts für mich. Nichtsdestotrotz trainierte ich die folgenden Wochen konstant weiter.

Sonntag, 19. April 1998, 5 Uhr

2452382581_e7be79ee74_b.jpgNach einer unruhigen Nacht heisst es aufstehen, um vor dem Start um 9 Uhr noch etwas, aber nicht zu viel, in den Magen zu bekommen. Hier in aller Frühe beim Frühstück war es dann plötzlich: das Premierenfeeling, das im Königsforst noch gefehlt hatte. Ein leichtes Kribbeln in der Magengegend. Es verstärkte sich, als wir die jeweiligen Startbereiche erreichten und die Luft über den dichtgedrängten Teilnehmern in Richtung Vorderfeld flimmerte. Es lag im wahrsten Sinne des Wortes etwas in der Luft. Detlev mit seiner Erfahrung und vor allem einer nachgewiesenen Finisher-Zeit wurde allerdings einem anderen Startblock zugeteilt. Erfahrene Läufer wissen, dass in Hamburg je nach Leistungsstärke in drei unterschiedlichen Straßen gestartet und das gesamte Feld erst nach einigen hundert Metern auf der Glacischaussee zusammengeführt wird.

2453211238_10d6a19391_b.jpgSo bestritt ich meinen ersten Marathonlauf zunächst alleine, immer im geplanten und konstanten 5er-Schnitt pro Kilometer. Was anhand einiger Plakate sofort auffiel, war, dass viele Zuschauer gespannt auf Joschka Fischer warteten, der in der Vorbereitung von Herbert Steffny trainiert und bei seiner Premiere von ihm begleitet wurde. Genau eine Woche vor jenem Aprilsonntag war der damals gertenschlanke Grünen-Obere 50 Jahre alt geworden und hatte sich inklusive drastischer Gewichtsreduktion akribisch auf den Kraftakt vorbereitet.

Ziemlich genau auf Höhe der Halbmarathonmarke entdeckte ich mitten in den Menschenmassen um mich herum auf einmal Detlev. Eigentlich purer Zufall, aber natürlich umso praktischer für die weitere Wegstrecke, dass wir uns in dem nach wie vor vorherrschenden Läufergetümmel gefunden hatten. So konnten wir den Rest des Parcours durch den Hamburger Norden gemeinsam bewältigen. Irgendwann fiel er zwar langsam aus dem gleichförmigen 5-Minuten-Rhythmus heraus, so dass ich nun mit etwas Vorsprung meine Bahnen zog, an mehreren Stellen der großen Schleife unterstützt durch meine hervorragenden Supporter.

2460583937_f411aa5778_b.jpgBei km 40 gab er dann aber nochmals Gas und nach 3:29:44 h überquerten wir gemeinsam die Ziellinie in der Karolinenstraße. Das Finish selbst sollte dabei gar nicht unbedingt für einen Euphorieschub sorgen. Der kam erst später, als mir bewusst wurde, dass ich diese Wahnsinns-Distanz tatsächlich geschafft hatte. So wurde es am hellichten Tag und bei herrlichem Wetter in einer der zahlreichen alternativen Kneipen in St. Georg sowie später im Garten unserer Gastfamilie noch feuchtfröhlich, zumal sogar extra Zuschauer aus Köln angereist waren.

Joschka Fischer beendete den Lauf übrigens in guten 3:41 h und damit nur etwas über 10 Minuten hinter uns. Ob er das heute auch noch schaffen würde? Wohl eher nicht.

  1. 1998-noch-lange-Fußballer

    Hallo Kai,

    das muss ich auch sagen! Schöner Bericht :-) Und auch tolle Fotos, damals wahrscheinlich noch nicht digital. Ach was haben wir das heute leicht mit den Bildern. Und zu Deiner Zeit muss ich auch anmerken, dass Du damals bei Deiner Premiere schneller warst als ich bei meiner… (und ich dachte ich hätte schon eine schnelle Premiere hingelegt ;-)

    Gruß, Manuel

  2. Moin moin Kai,

    was eine gute, alte Zeit!
    Sehr netter Bericht und schon witzig, wie ich als Junkersdorfer Marathon-Neuling die gemeinsame Anfangszeit meiner quasi läuferischen „Ziehväter“ Detlev und Dich „erlesen“ kann.

    Gruß
    Harald

Kommentar verfassen

Nach oben scrollen