Der Zonser Nachtlauf – erstmals durchgeführt im Jahr 1977 – ist ein Phänomen. Er ist nicht nur einer der schönsten, sondern auch einer der teilnehmerstärksten Nachtläufe zumindest des Rheinlands. Über 1.500 Nachtschwärmer begaben sich am vorletzten Septemberfreitag des Jahres 2016 über 5 km um 19 Uhr und damit noch im Hellen bzw. über die sieben Meilen – 11.263 km – um 20 Uhr bei angebrochener Dunkelheit auf den zu dieser Zeit reichlich mit Kerzen, Fackeln und sonstigen Leuchtmitteln sehr schön und pittoresk illuminierten Kurs über die Felder und durch die historisch einmalige Zollfeste direkt am Rhein. Darunter war sogar ein Teilnehmer, der die sprichwörtlich erste Auflage erfolgreich finishte und danach sage und schreibe 39 lange Jahre keine Zeit mehr oder zumindest aus unerfindlichen Gründen immer eine Ausrede parat hatte, gerade hier zu nicht starten zu können. Am 23. September war es endlich wieder so weit. Dazu später mehr.
Triathlon-Spezialist Paul Schmiejka wurde schon vor Beginn des 5 km oder 3,1 Meilen-Laufes als Favorit ausgemacht. Und wurde seiner Rolle bereits während der anfänglichen Stadionrunde und damit vor Verlassen des Start- und Zielbereichs gerecht. Dabei durfte er erstmals bei einem Zonser Nachtlauf auf Teer starten, wird doch die Arena im Westen der Stadt zur Zeit aufwändig und kostspielig umgebaut und auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Zahlreiche Fäll- und Gehölzarbeiten rund um das Stadion gaben aktuell auch weite Teile der finalen parallel zur Anlage liegenden Streckenabschnitte, die bisher im Verborgenen lagen, den Blicken der Zuschauer preis, um mit einsetzender Dunkelheit wieder in die Unsichtbarkeit zurückzufallen.
Wie erwartet schwenkte der schnelle Mann vom Pulheimer SC nach fulminanten 16:14 Minuten auf die letzten Meter ein, ohne dass ihm ein Konkurrent zunächst folgte. Felix Herrera (17:59) und das für seinen Heimatverein startende Laufmonster Harald Gläßer (18:25) finishten mit deutlichem Abstand, aber nicht minder erfolgreich, auf den Plätzen. Bei den Frauen durfte sich Celine Ritter aus Köln über den Sieg und eine Zeit von exakt 19 Minuten sowie vor allem über den Beifall der nun bereits zahlreich anwesenden Langstreckler freuen, die den Zielkanal und – nebst Moderator – die Westtribüne säumten, um die knapp 500 einlaufenden Teilnehmer wieder im Zielbereich zu begrüßen.
Nachdem die letzten der 5 km-Läufer eingetrudelt waren, füllte sich das mittlerweile vom Flutlicht beleuchtete Startareal schnell wieder mit den „7 Meilen“ Startern, die sich an diesem Abend über wahrlich beste Bedingungen freuen durften. Angenehme Temperaturen, eigentlich kein Wind und viele erwartungsfrohe Zuschauer. Und natürlich über die mittlerweile von den Anwohnern und Zuschauern zahlreich entzündeten Fackeln und Kerzen an vielen Abschnitten des Parcours.
Lokalmatador Nikki Johnstone übernahm um Punkt 20 Uhr die Führung über einen Lindwurm, der sich wieder einmal eine gefühlte Ewigkeit lang aus dem Stadion heraus schlängelte. Ca. 10 bis 15% der Läufer hatten sich Stirnlampen umgeschnallt, um sich sicherer zu fühlen und auf die nicht zu unterschätzenden Überraschungen bei einem Nachtlauf vorbereitet zu sein. Die ersten Kilometer geht es dann auch tatsächlich in nördlicher Richtung durch die Felder rund um den Ort, um ganz plötzlich und unvermittelt direkt in die Wohngebiete und den Stadtkern der Zollfeste zurück zu führen. Ab hier sind die folgenden sechs Kilometer bis kurz vor dem Ziel von den Veranstaltern und vor allem von den Anwohnern individuell ausgeleuchtet und ergeben auch für die einheimischen Teilnehmer einen sicherlich gänzlich neuen und zum Teil ungewohnten Blick auf ihre Heimatstadt.
Johnstone führte hier noch, wurde aber sichtlich bedrängt von Maximilian Thorwirth. Hinter den beiden sich gegenseitig anspornenden Spitzenreitern tat sich bereits ein veritables „Loch“ auf, dass sich bis zum Zieleinlauf noch vergrößern sollte. Thorwirth übernahm schließlich auf den letzten Kilometern das Kommando und gab es auch bis ins Ziel nicht mehr ab.
Nach 35:55 Minuten lief er mit einer der besten Finisher-Zeiten in 40 Jahren Zonser Nachtlauf als verdienter Sieger ins Stadion, immer noch dicht gefolgt von Johnstone in 36:09. In der folgenden gefühlten Ewigkeit bog keiner der über 1.000 noch folgenden Läufer auf den für den Moderator gut sichtbaren Zielbereich ein. Nach immer noch hervorragenden 39:40 überquerte Habtom Tedros als Dritter die Ziellinie. Danach ging es zum Teil Schlag auf Schlag, wobei die offiziell für den TV Refrath startenden Laufmonster Moritz Kufferath und Manuel Skopnik in 40:48 und 41:17 min. hervorragende Zeiten erreichen konnten. Die beiden waren schließlich auch in den Vorjahren extrem erfolgreich, wobei Manuel einen Gesamtsieg 2009 und Moritz einen zweiten Platz in 2015 vorweisen kann.
Die Frauenwertung gewann Tanja Spill nach ihrem zweiten Platz bei der letzten Auflage in 42:14 ziemlich souverän, obwohl sich mit Heidi Schwartz (43:26), Christin Wilken (44:49) und Thurid Buch in 44:53 min. zum Teil sogar auswärtige und ziemlich starke Konkurrentinnen angemeldet hatten. Hier mag der imaginäre Heimvorteil letztlich den Ausschlag gegeben haben. Alles im allem war es ein überaus erfolgreicher Laufabend für alle Beteiligten, wobei die Freude über immerhin mehr als elf absolvierte erfolgreiche Kilometer die mögliche Anspannung vorher bei weitem überwog. Die anschließende Stimmung in der geräumigen Sporthalle anläßlich der relativ kurzfristig anberaumten Siegerehrungen ist ohnehin kaum zu toppen. So viele Menschen wie sonst nie und noch dazu bei draußen relativ schnell absinkenden Temperaturen finden hier Platz. Und konnten sich über reichhaltige Präsente für den Gesamtsieg und in den Altersklassen freuen.
So auch Jochen Baumhof, der es fast ohne Training schaffte, den 40. Zonser Nachtlauf in der Hammerzeit von 49:09 min. zu bewältigen und einen erfolgreichen dritten Platz in der Altersklassenwertung zu belegen. Er ist übrigens möglicherweise tatsächlich der Einzige – siehe Artikeleingang – der „nur“ den ersten als auch den mittlerweile 40. Zonser Nachtlauf erfolgreich absolviert hat. Eine „einmalige“ Leistung, die aufgrund der sich im kommenden Laufjahr ankündigenden Altersklasse M60 umso mehr erfreut. Die bei den Frauen als W übrigens Laufmonster Verena Hajek wie immer nicht völlig überraschend gewinnen konnte. Und die für alle Beteiligten zu einer erneuten Teilnahme am schon nicht mehr traditionell zu nennenden Zonser Nachtlauf führen sollte. Der ist nicht nur Kult, sondern sogar „erleuchtet“ bzw. animiert – man vergegenwärtige sich nur die unglaublichen Illuminationen am Grillstand. Das macht eine Ausnahmeveranstaltung einmalig.
Sehr schöner Bericht und viele tolle Fotos zeitnah nach der Veranstaltung. Der rasende Laufmonster-Reporter und Fotograf Kai hat hier eine Monsterleistung abgeliefert!
Hallo Kai,
da hast Du sehr treffend das Flair dieser Veranstaltung wiedergegeben! Hier muss man sich keine Sorgen um ausbleibende Teilnehmer in den nächsten Jahren machen, denn Zons ist KULT! Daher starte auch ich hier immer wieder mal seit 2005 und mittlerweile haben wir ja auch ein Laufmonster an der Strecke wohnen. Nach dem Bericht wird es im nächsten Jahr wahrscheinlich über 2000 Teilnehmer geben…
Bis Sonntag in Köln,
Manuel
Tolle Bilder von einem tollen Event, Kai!
Seit Jahren die schnellste Zeit und für beide Läufe zusammen Rekordanmeldezahl bei besten Laufbedingungen. Dazu kaum Verletzungen, kein notwendiger Krankenwagen. Ein perfekter Abend!
Allen viel Erfolg am Sonntag auf den Straßen vun Kölle!