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52. RWE Marathon: Spätsommer-Feeling am Baldeneysee

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Schon seit Jahren hatte ich den Essener Marathon rund um den Baldeneysee im Visier, konnte dort aber bisher wegen Terminkollision mit dem Köln Marathon, bei dem die Teilnahme natürlich Pflicht war, nicht starten. Als feststand, dass Köln für 2014 den Termin Mitte September festgelegt hatte, meldete ich mich umgehend für den genau vier Wochen später stattfindenden Marathon in Essen an und zahlte Anfang Januar 2014 nur 32 €. Bei diesem ältesten, kontinuierlich durchgeführten deutschen Marathon werden bis heute keine Unterdistanzen angeboten, sondern nur die volle Marathondistanz. Einziges Zugeständnis an die auch hier sinkenden Teilnehmerzahlen war die Möglichkeit, in einer Staffel oder als Walker teilzunehmen.

Die Idee, mit dem Auto anzureisen, verwarf ich auf Anraten, und beschloss, die Bahn zu benutzen. Dies bedeutete allerdings ultrafrühes Aufstehen um 5:00 Uhr am Sonntagmorgen (während normale Menschen noch 4 – 5 Stunden länger schlafen), da die S-Bahn nach Essen unterwegs an fast jeder Milchkanne hält. Die Haltestelle Essen Hügel lag wenige Gehminuten vom See entfernt, und bald erreichte ich die Turnhalle hinter dem Regattahaus, wo es die Startunterlagen gab. Ein Ordner berichtete mir, dass die Stadt kurzfristig 70 % der Parkplätze gesperrt hätte. Läufer, die mit dem Auto angereist waren, erzählten folgerichtig von ihrem langen Fußmarsch.

In der Turnhalle waren zahlreiche sehr freundliche Helfer im Einsatz, so dass ich meinen Starterbeutel mit der Nummer, einem Schwamm sowie einigen Flyern und Gutscheinen schnell erhielt. Ich unterhielt mich mit einigen Bekannten, dann machte ich mich auf den Weg zur Damenumkleide. Noch war es kühl und neblig, aber ein schöner Herbsttag bahnte sich an. Man konnte es also wagen, kurze Laufklamotten anzuziehen. Ein kurzer Fußweg zurück, dann fand ich rechts etwas versteckt am See das Zelt für die Gepäckaufbewahrung. Manche hielten blaue Sportbeutel in den Händen, die vermutlich bei der Startnummernausgabe am Vortag ausgeteilt wurden. Für mich hatte es nur noch einen weißen Stoffbeutel des Titelsponsors gegeben. Ich füllte ein Kärtchen mit meiner Startnummer aus und ließ es an meiner Sporttasche befestigen. Die Morgensonne wärmte schon, obwohl es im Schatten kaum über 12° kühl war, und so verzichtete ich auf die vorsorglich eingepackte Wärmefolie. Zum Warmlaufen trabte ich gemächlich am Seeufer entlang, wo sich der Nebel zunehmend hob und sich dadurch ein gespenstisch-märchenhafter Anblick bot. Fast wäre ich zu spät zum Start gekommen.

Eine kurze Abkürzung durchs Unterholz, anstehen an einer Holzbrücke, dann war der Startbereich auf der Freiherr-vom-Stein-Strasse parallel zur Uferstrasse erreicht. Ich ordnete mich hinter den Zugläufern mit den 4:30er Ballons ein. Brems- und Zugläufer waren im Abstand von jeweils 15 Minuten eingesetzt. Eine Startaufstellung ohne Gedränge sorgte für eine entspannte Atmosphäre. Es erfolgte eine kurze Ansprache, in der die Spitzenläufer vorgestellt wurden, dann zählten wir gemeinsam die letzten 10 Sekunden bis 10:00 Uhr ’runter, der Startschuss ertönte, und zur Musik ’Highway to hell’ wurden alle 1291 Läufer innerhalb einer Minute auf die Strecke geschickt. Ganz ungewohnt war für mich, dass es kein Gedränge und kein Anrempeln gab. Die harmonische Stimmung unter den Organisatoren hatte offenbar auf die Läufer abgefärbt.

Da die Strasse breit genug war, fand jeder Läufer schnell sein eigenes Tempo. Jeder Kilometer war deutlich gekennzeichnet. Nach drei Kilometern durch den noch frischen Wald kamen wir über die Gustav-Heinemann-Brücke in den Ortsteil Werden. Eine Band machte Stimmung, und bald darauf stießen wir an den Baldeneysee, den wir insgesamt zweimal umrundeten. Am Ufer genossen wir wunderschöne Aussichten. Der See glitzerte und funkelte in der Sonne, auf der anderen Seite waren das Regattahaus sowie weiter oben die Villa Hügel zu sehen. Dann kam auf dem See das Stauwehr in Sicht. Kurz dahinter stand schon die erste Großuhr mit der 5-km-Zeit. Laut Ausschreibung sollten diese Zeitanzeigen alle 5 km installiert sein. Allerdings brachte mich später eine Großuhr zwischen km 33 und km 34 ins Grübeln.

Das Feld der Läufer hatte sich jetzt weit auseinandergezogen. Neben den Fischlaker Höfen bei km 6 gab es den ersten Verpflegungsstand mit Wasser, angewärmten Tee und sogar schon Iso-Getränken. Ca. alle 5 Kilometer waren weitere Verpflegungsstände aufgebaut. Im weiteren Streckenverlauf wurden dort noch Cola und Bananenstücke angeboten. Auf dem See nahm die Zahl der Segelboote zu, ab und zu tauchte auch ein Ruderboot auf. Die Kommandos des Steuermanns an seine Mannschaft waren bis zu uns Läufern zu hören. Wir liefen an zahlreichen Campingplätzen und Ruderanlegestellen vorbei, denn der Baldeneysee gilt als DAS Naherholungsgebiet im Revier.

In Essen-Kupferdreh war Kilometer 11 mit der nächsten Verpflegung erreicht. Dort war auch eine Art Hotspot eingerichtet, an dem ein Sprecher sich bemühte, uns einzeln anzusagen. Am ersten Wechselpunkt der Staffeln feuerten uns die auf ihren Einsatz wartenden Läufer lebhaft an. Noch liefen wir im Schatten, aber das sollte sich bald ändern. Das Ende des Sees war erreicht, und wir überquerten die Ruhr auf der Kampmann-Brücke. Dann begann bei km 12 der härteste Teil des Marathons: Die lange Wendeschleife. Links gab es zwar noch Wald, aber rechts die mehrspurige Bundesstrasse B227 und von oben Sonne pur. War die Strecke bisher weitgehend flach, ging es jetzt leicht wellig auf und ab, 3 km nach Norden und anschließend wieder zurück. Die gequälten Gesichter der schnelleren Läufer, die mir auf dem Hinweg entgegen kamen, zeichneten ein deutliches Bild.

Als ich den Wendepunkt mit einem Stoßseufzer passierte, meinte der Ordner lakonisch: „Ist doch erst Kilometer 15.“. Nachdem uns die Trommler der Antoniusschule angefeuert hatten, und ich in Petzelberg bei km 16,8 am Verpflegungsstand gleich mehrere Getränke zu mir genommen hatte, war der Akku wieder aufgeladen. Jetzt ging es auf der anderen Seite des Sees weitgehend im Schatten weiter. An einem der Biergärten fragte mich ein Ordner nach meinen Getränkewünschen. Sein ausschließlich alkoholisches Angebot musste ich ablehnen. Auf die Frage, wie mir sonst noch zu helfen sei, erwiderte ich: „Marathonläufern ist nicht zu helfen …“ Eine so fröhliche und entspannte Atmophäre erlebt man nicht oft.

Bei km 20 überholte mich das Führungsfahrrad mit dem späteren Sieger Daniel Schmidt vom TV Refrath, dem in großem Abstand noch 2 weitere Spitzenläufer folgten. Das wars dann aber auch. Die jetzt noch überholenden schnelleren Läufer waren ausnahmslos Staffelläufer. An der Zeche Carl Funke war die Halbmarathonmarke mit dem nächsten Verpflegungspunkt erreicht. Die Luft hatte sich auf etwas über 20° aufgewärmt, aber im Wald war es zum Laufen sehr angenehm temperiert. Schon bei km 25 am Etuf Golfplatz gab es wieder Getränke und Bananen. Dankbar griff ich zur angebotenen Cola.

Wieder ging es über die Gustav-Heinemann-Brücke, durch Werden, am Hardenbergufer den See entlang. Die Wendepunktstrecke entfiel zum Glück auf der zweiten Runde, so dass wir nach der Kampmann-Brücke direkt wieder in Seenähe weiterlaufen durften. Hatte ich zwischendurch den Marathon als Genußlauf betrachtet, legte ich jetzt eine Schüppe drauf und forcierte mein Tempo. < Noch einmal Iso und Cola bei km 39, bald durften wir zum Seeufer abbiegen, und man hörte schon den Sprecher vom Zieleinlauf. Der letzte Kilometer war gigantisch: Die Strecke war gesäumt von zahlreichen uns begeistert anfeuernden Zuschauern, die durch Flatterband von uns getrennt werden mussten. Vorbei an der gut gefüllten Regattatribühne ging es nach einer scharfen Rechtskurve dahinter in den Zieleinlauf auf einer Aschenbahn. Mit meiner Zeit von 4:40:00 h hatte ich ungewollt eine Punktlandung erreicht und war damit sogar 7 Sekunden schneller als beim KölnMarathon vier Wochen vorher. Junge Mädchen gratulierten, eine hängte mir die schön gestaltete Medaille um, die das Essener Grillo-Theater zeigt, eine andere überreichte mir eine dunkelrote langstielige Baccara-Rose. Ich nahm mir eine der ausgelegten ‚kurzärmeligen’ Folien und begann, meine Speicher mit Apfelschorle, Wasser, Iso, Bananen und einem Apfel aufzufüllen. Viele Läufer griffen zu dem angebotenen Bier (Pils und alkoholfreies Weizenbier). Eine kurze Massage ohne lange Wartezeit, auch da es wenig Interessenten gab, dann begann ich zu frieren und beschloss, auf die Siegerehrung zu verzichten und mich unter der Dusche aufzuwärmen. Die ganze Veranstaltung wird sehr familiär durchgeführt, was bis zum Schluß zu spüren war, als ich auf einer Bank am See saß, um die Zeit bis zur Zugabfahrt zu überbrücken, und junge Mädchen auf mich zu kamen und mir übrig gebliebene Kuchenstücke anboten. Bei den Männern siegte der schon erwähnte Daniel Schmidt vom TV Refrath in 2:24:26 h; der Zweite hatte allerdings noch zu ihm aufgeschlossen und kam nur ½ Minute nach Daniel ins Ziel. Bei den Frauen wurde Christl Dörschel von der SG Wenden Erste in 2:47:31 h. Fazit: Eine landschaftliche reizvolle Strecke, eine perfekte Organisation mit familiärem Charakter, eine preiswerte Verastaltung, wenn man sich frühzeitig anmeldet, kurze Wege vor Ort und eine insgesamt entspannte Stimmung machen diesen Marathon unbedingt empfehlenswert.

5 Kommentare zu „52. RWE Marathon: Spätsommer-Feeling am Baldeneysee“

  1. Super, Verena, Glückwunsch zur Punktlandung! Nach Deinem Bericht könnte ich mich gleich für 2015 anmelden – so schön hört sich das an. Ich bin gespannt, was Du beim Stammtisch noch hinzuzufügen hast. Jetzt erhol Dich schnell und dann viel Spaß und Erfolg in Frankfurt!
    LG Christiane.

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