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Wien Marathon, ein Selbstversuch

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Nach meinem Fahrradunfall im Januar war schnell klar, dass ich mich in Wien von einer guten Marathonzeit verabschieden musste. Wegen eines Sehnenanrisses und einer Muskelverletzung im Oberschenkel fiel die komplette Trainingsvorbereitung aus. Radfahren ging ohne Schmerzen, laufen nicht. So versuchte ich mich schweren Herzens mit Radfahren und Physiotherapie fit zu halten. 10 Tage vor dem Marathon bekam ich vom Arzt das OK für einen ganz langsamen Halbmarathon. In Wien finden am gleichen Tag HM, Staffelmarathon und Marathon statt. Alle Teilnehmer starten zur gleichen Zeit, und noch während des Rennens kann man entscheiden, ob man nach der ersten Runde (HM) ins Ziel laufen möchte. Kann man einen Marathon ohne Laufvorbereitung laufen? Ich wollte es versuchen. Allerdings hielten mich alle für verrückt.

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Mit meinem Mann Jochen und vier Freunden (keine Läufer) flogen wir nach Wien. Wir wohnten im Parkhotel Schönbrunn, ein Traum von einem Hotel, mit Blick auf das Schloss und den Schlosspark.

Auf der Marathonmesse, die freitags und samstags auf dem Messegelände stattfand, traf ich meine Wiener Freundin Manuela. Ich hatte sie 2012 beim Berlin Marathon kennengelernt. Die Startnummernausgabe war gut organisiert, ohne lange Wartezeiten.

9.000 Marathon- und 16.000 Halbmarathon-Starter gab es in diesem Jahr in Wien. Mit Staffel- und Kinderläufen waren es 40.000 Teilnehmer. Rekord!!

Auf der Messe trafen wir Anna Hahner, die Vorjahressiegerin der Marathon Frauenwertung. Ihre Zwillingsschwester Lisa wollte eigentlich in Frankfurt starten, geht aber zurzeit auf Krücken. Echt nett die Beiden. Wir machten noch ein gemeinsames Foto und wünschten uns gegenseitig Glück.

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Wien bietet neben den vielen Sehenswürdigkeiten und Museen auch viele tolle Cafés. Unter anderem das Café im Hotel Sacher mit der berühmten Sachertorte. Fünf Tage hatten wir Zeit uns durch die süßen Köstlichkeiten wie Palatschinken, Kaiserschmarren etc. zu „arbeiten“.

Am Marathonmorgen war es sonnig und warm. In Wien befinden sich Start und Ziel nicht zusammen. Start ist auf der Reichsbrücke an der „Alten Donau“. Dann geht es in zwei Runden vorbei an allen Sehenswürdigkeiten der „Welthauptstadt der Musik“. Das Ziel für alle Läufer (HM und Marathon) befindet sich am Heldenplatz mitten im Zentrum. LKWs bringen die Starterbeutel aller Läufer vom Start bis ins Ziel.

Vor dem Start wurde die österreichische Nationalhymne gespielt. Dann schoben sich die vielen Läufer, begleitet vom Radetzkymarsch zur Startlinie. In Wien wird in 5 Blöcken gestartet. Ob ich die 42,2 km ohne Vorbereitungstraining schaffen würde? Ich war voller Zuversicht und machte mich auf den Weg. Ich wollte im langsamen 7er Tempo (7 min/km) laufen. Bloß nicht zu schnell loslaufen! Die ersten Kilometer führten uns vorbei am Prater und am Donaukanal entlang, am Karlsplatz vorbei Richtung Hietzing, dem Nobelstadtteil Wiens. Bei km 16, am Schloss Schönbrunn sah ich Jochen mit unseren Freunden. Mir ging es ganz gut. Das Bein schmerzte ein wenig. Dann stürzte ich plötzlich, und viele liebe Leute halfen mir wieder auf. Ich hatte ein Glück nur Abschürfungen an Knie und Händen. Also weiter in meinem langsamen Tempo. Jetzt waren es nur noch ein paar Kilometer bis zum HM Zieleinlauf. Die Stimmung bei Läufern und Zuschauern war großartig.

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Sollte ich ins Ziel laufen, oder doch die zweite Runde in Angriff nehmen? Ich entschied mich zum Weiterlaufen. Es ging am Museumsquartier, dem Volkstheater und dem Rathaus vorbei. Jetzt, nachdem die HM Läufer im Ziel waren, wurde es leerer und ruhiger auf der Strecke. Bei km 22 traf ich wieder Jochen, der mich mit Gels versorgte. Jetzt machte mein Magen Probleme, vor allem, wenn ich stehenblieb. Also weiterlaufen: vorbei am Schwedenplatz, wieder Richtung Prater und Ernst-Happel-Stadion. Die Hauptallee im Prater läuft man ca. sieben km als Wendestrecke. Das war besonders hart, da man die schnellen Läufer auf der anderen Seite sah.

Ich entschied mich, nur noch Wasser zu trinken. Banane, Gels und Cola ließ ich stehen. Jetzt war ich mir plötzlich nicht mehr sicher, ob ich es schaffen würde. Viele Läufer gingen, was wohl daran lag, dass ich im hinteren Feld lief. Endlich ging es wieder Richtung Zentrum. Dann, nach endlosen 4:54 Stunden erreichte ich das Ziel am Heldenplatz, und hinter mir kamen noch viele andere Läufer. Die Stimmung dort war unbeschreiblich gut. Ich brauchte eine Stunde länger als sonst. So lange am Stück war ich noch nie gelaufen. Egal, ich hatte es geschafft. Völlig platt, aber glücklich nahm ich dankbar die wirklich schöne Medaille in Sternenform und mit einem Swarovski-Stein versehen entgegen. Ich setzte mich in eine Ecke und heulte. Meine Beine wollten nicht mehr. Schließlich kam Jochen und richtete mich wörtlich und im übertragenen Sinne wieder auf. Am Abend feierten wir dann alle zusammen.

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Ich werde diesen Marathon auf jeden Fall noch einmal laufen, dann aber mit richtigem Vorbereitungstraining und besserer Endzeit.

Ein sehr gut organisierter Marathon in einer wunderschönen Stadt, in die man sich verlieben kann.

4 Kommentare zu „Wien Marathon, ein Selbstversuch“

  1. Hallo liebe Gabi!

    Toll geschriebener Bericht und auch „ergreifend“ (bekam feuchte Augen)
    Ich versteh dich sehr gut, was den Marathon anbelangt, nach einer laangen zwanghaften Trainingspause…
    Du kannst echt stolz auf dich sein!
    Ich bin es auf jeden Fall! !
    Ich hab mich sehr gefreut, dich in meiner Heimatstadt begrüßen zu dürfen. :-)
    Bis bald und alles Gute Manuela

  2. Sehr schön! Glückwunsch und Danke für den lebhaften Bericht. Auch ich lerne immer noch was dazu – nämlich dass man einen Marathon auch mit Fahrrad-Vorbereitung laufen kann :)

    LG Manuel

  3. Hi Gabi,

    alle Achtung bei dieser Vorgeschichte. Deshalb kann deine Leistung nur mit Respekt betrachtet werden und du kannst stolz auf dich sein. Wer die Stadt kennt, weiss was du geleistet hat. Wien ist einfach eine Weltstadt aller Coulör. Ich weiß das, weil ich vor einigen Jahren dort in Urlaub war (Donaukreuzfahrt) und währenddessen einige Meter in der Stadt gejoggt bin. Phantastische Bauten, phantistisches Flair, phantastische Menschen wie du.

  4. Boh Gabi,

    Respekt vor Deiner Leistung, Glückwunsch zum Ankommen. Ja, den Marathon musst Du noch einmal „ins reine“ laufen. Jetzt erhol Dich gut und kurier Dich richtig aus. Du bist wirklich hart im nehmen.
    LG Christiane.

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