Wie so oft in der Geschichte Deutschlands war auch die mittlerweile 20 Jahre zurückliegende Maueröffnung und der anschließende Fall des sogenannten antifaschistischen Schutzwalls ein in der Hektik der Zeit entstandenes Zufallsprodukt. Bedingt durch einen Interpretationsfehler bzw. weil er das bewusste Kommunique noch gar nicht vollständig studiert hatte, improvisierte Politbüromitglied Günter Schabowski sozusagen auf einer aufgrund der Brisanz auf allen Kanälen ausgestrahlten Pressekonferenz munter drauflos. Und das nach einer Zentralkomitee-Sitzung, an der er selbst dummerweise nicht teilgenommen hatte, in der jedoch Regelungen zum zukünftigen Reisegesetz verabschiedet wurden. Nach Verlesen derselben mit bereits sensationellen Neuerungen zur Ausreise von seinem berühmten „Zettel“, den ihm Generalsekretär Krenz am Nachmittag übergeben hatte, bestätigte er um 18.57 Uhr auf hartnäckiges Nachfragen der anwesenden Journalisten im wahrsten Sinne des Wortes die „sofortige“ Öffnung der Grenze und damit quasi den Fall der Mauer.
Die Tragweite seiner Äußerungen war ihm und der Führungsriege offensichtlich zunächst weder bewusst, noch wurde einigermaßen annähernd realisiert, was die Worte „sofort“ und „unverzüglich“ nach expliziter Wiederholung in allen Nachrichtensendungen der Welt in der folgenden Nacht bewirken sollten. Die Mauer fiel nicht stückweise, bürokratisch und nach Stellen der eigentlich angedachten formalistischen Ausreise-Anträge ab dem folgenden Tag und somit vollständig dem den Bürgern in 28 langen Jahren anerzogenen oder besser eingetrichterten Kadavergehorsam der DDR verhaftet. Die Mauer fiel aufgrund der ungewollt unbedarften Wortwahl von Schabowski bereits in den folgenden Abend- und Nachtstunden. Der Rest und vieles mehr ist Geschichte…
Der Verfasser hat die bewusste Pressekonferenz übrigens seinerzeit live mitbekommen und wäre am liebsten sofort nach Berlin aufgebrochen.