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Wer lange läuft, der ist hier richtig!

Köln Marathon 2009: ein (fast) perfekter Tag!

dscm5067.jpgSonntag, 11.01 Uhr: nach der Zugverspätung hätte ich nicht mehr damit gerechnet, Pierrem noch wie verabredet superpünktlich zu treffen. Jetzt haben wir überhaupt kein Problem, uns zu finden, denn der Startblock ist fast gähnend leer. Nur ein paar in Mülltüten verpackte Unentwegte laufen sich bereits ein wenig warm. Taktik absprechen, Thorsten treffen und noch einen Schluck Mineralwasser nehmen, damit sich der abschließende Gang auf die Toilette auch lohnt. Kurze Schlange, keine Hektik, aber ein sich rasend schnell füllender Block ROT nach Rückkehr. Pierrem natürlich aus den Augen verloren, Mist (oder besser MERDE). Die ersten Reihen sind schon besetzt und das, obwohl soeben durchgegeben wird, dass sich der Start wegen der Inliner verzögern wird. Alles wie gehabt also…

Thomas und Helmut getroffen, die wie angekündigt mit einem glatten 4er-Schnitt angehen wollen. Also zu schnell, trotz mit Sicherheit netter Gesellschaft auf der Strecke. Wo ist Pierrem? Steht doch tatsächlich in der gefühlten 5. Reihe (wir ca. 15.) und wartet auf den Knall von Bürgermeister Schramma, der dann doch schneller erfolgt als gedacht, um anschließend, wie er selbst sagt, im „Wohlfühltempo“ von, na was wohl, ebenfalls 4 min./km das Rennen zu beginnen und während der gesamten Distanz nicht einen Deut davon abzuweichen. Die Menge setzt sich rasch in Bewegung, keine Drängler und auch keine wirklich zu langsamen Läufer auf den ersten Metern. Da, links am Rand steht Daniel, wir ziehen vorbei, zu spät, ihm noch etwas zuzurufen. Schon auf der Deutzer Brücke zieht sich das Feld auseinander und man kann befreit anlaufen. Im Gefälle vor dem Heumarkt bereits die erste km-Marke. Die Uhr zeigt 4:17 Minuten. Ich lächle still für mich und denke an Frank, der mir diese Tempovorgabe in den letzten Wochen immer wieder schriftlich eingetrichtert hatte. Es folgt ein zweiter km in 4:18 min., keine Frage, ich bin optimal in das Rennen reingekommen.

Das merkt auch irgendwann Matthias aus Mainz, der mich irgendwo auf dem Weg Richtung Süden fragt, was ich vorhabe. 2:59:59 h lässt ihn ein wenig zusammenzucken, doch er traut sich nach kurzer Überlegung offensichtlich zu, dieses Zieltempo für einige Zeit und km mitzugehen. Es sollte bis an die 28 km-Marke gelingen. Nebenbei ergibt sich eine nette Unterhaltung, so weit das möglich ist und ich weise ihn mehrfach auf die bevorstehenden Highlights am Ring (Rudolfplatz mit der HDI-Gerling-Tribüne sowie Spalier kurz vor dem Friesenplatz) und natürlich in der Erftstr. hin. Während dieser Kilometer können wir den Lauf richtig genießen, spielen ein bisschen mit dem Tempo, um immer wieder bei Durchgangsmarken von 4:10 bis 4:16 min. zu landen. Wo, wenn nicht während dieser Abschnitte der Distanz, darf man dies unbehelligt und ohne irgendwelche Folgen fürchten zu müssen, tun? Dann kommt bei km 19 Jeannine Hagedorn von hinten auf und wir lassen uns einmalig zu einer 4:07 hinreißen. Der Ring tobt und Moderator Jochen Baumhof hechtet wie entfesselt von Läufer zu Läufer, um alle ihm bekannten Gesichter anzusagen.

dscm1035.jpgBeim Halbmarathon in 1:28:37 h netto muss auch Matthias zweimal auf die Uhr schauen. Das hatte er, mit einer bisherigen Bestzeit von 3:17 h und einem kurz vorher absolvierten Trainings-HM in einer Zeit von 1:25 h nach Köln gekommen, absolut nicht erwartet. Parallel kommen allerdings auch erste berechtigte Zweifel auf, dieses Tempo langfristig durchhalten zu können. Egal, erst einmal steht der Holunder auf dem Programm. Radmonster Thorsten hat uns schon längst ausgemacht, schnell fotografiert, um dann in Windeseile zu Manuel ans Mikro zu radeln, der mich bereits von weitem hörbar, lautstark ankündigt. Was war das für ein Vorbeilauf, unglaublich. Jedes Jahr, in dem die Strecke am Holunder vorbeiführt, ist die Stimmung hier der absolute Wahnsinn, aber dieses Jahr ragt doch heraus. 25 Meter Spalier und Karl zum Abklatschen mittendrin!

Um so schneller kommend und schnell größer werdend dann die Ernüchterung, als es in den nach wie vor ungeliebten Kölner Norden geht. Bei km 27 stehen die Coaches von HDI-Gerling, denen ich signalisiere, dass alles im grünen Bereich ist. Dann werden die Zeiten aber doch langsamer, 4:18, 4:20, 4:23 min., Matthias fällt zurück und lässt mich laufen. Es ist, als wenn einen jemand an einem nicht vorhandenen Faden zurückzieht und wird langsam schwieriger, es fehlt ganz klar eine erneute Stimmungshochburg oder weitere Aufmunterung, obwohl die Zuschauer hier ebenfalls alles geben. Dann kommt hinter km 31 auch noch eine Pendelstrecke zum nördlichsten Punkt der Amsterdamer Straße. Es läuft immer schlechter im Bereich von 4:35 min., als ich beschließe, am Verpflegungsstand hinter dem Wendepunkt in Ruhe eine oder zwei Cola zu trinken. Das tut gut und danach geht es auch wieder deutlich besser bis an die 4:20 heran, doch die Geschwindigkeit fällt schnell wieder in ungeliebte und bezüglich der Gesamtzeit kritische Bereiche. Nach Beendigung der Nordschleife bei km 34 ist aus dem zuvor noch zuversichtlichen Marathoni ein von der Gesamtdistanz gezeichneter Bezwinger geworden.

image291a.jpgEbertplatz: noch einmal zwei volle Becher Cola und zügig weitergehen. Da steht er mit einem Snickers in der einen und seiner Kamera in der anderen Hand: Frank. Und hält natürlich drauf. Gemein. Zur Strafe laufe ich schnell wieder an, lasse mich von Jochen ein zweites Mal feiern, um dann sensationell an der HDI-Gerling-Fantribüne empfangen zu werden. Frenetischer Jubel von Tausenden für den schnellsten Marathonläufer an diesem Tag, Kameras blitzen, Abklatschen, vermutlich bin ich auch auf der Großbildleinwand zu sehen. Das Ziel rückt näher, das Tempo fällt erneut. OK, noch eine Pause am Neumarkt. Schon wieder erwischt: Jose schreit mich an, ich solle gefälligst weiterlaufen. Wird gemacht, Chef. Leicht bergab Richtung Heumarkt. Wenn doch bloß endlich die blöde Brücke käme. Stattdessen geht es links in die Hohe Straße, weil wir noch einen Kilometer voll machen müssen. Ich habe das Gefühl, ich stehe, erst recht auf den Kopfsteinpflasterpassagen, die nichts für müde Beine sind.

dscm1080.jpgKurzzeitig deutet sich ein Krampf in der linken Wade an, aber ich stemme mich eisern dagegen und wuchte mich mit einer Durchgangszeit von exakt 3:00:00 h am Teufel und seinem Lappen vorbei auf den Scheitelpunkt der Deutzer Brücke. Jetzt geht es wieder, sogar richtig schnell. 3:03 hört sich ja auch besser an als 3:04 h. Außerdem war da ja noch die Idee mit der Haile-Weltrekordzeit plus einer Stunde. Das wollte ich jetzt unbedingt schaffen und… es hat geklappt. Zumindest auf meiner Uhr. Nachher wurden mir gnädigerweise nochmal zwei Sekunden erlassen. Damit und mit großen Teilen des Laufes kann ich natürlich sehr gut leben und bin ich sehr zufrieden. Die Durchhänger kommen halt, wenn man vorher nicht bis fast zur Gesamtdistanz trainiert. Hauptsache bleibt aber immer, man verliert das Gesamtziel nicht aus den Augen und beißt sich durch. In diesem Sinne: wir sehen uns wieder. Laufmonster, was sonst?

Laufmonster-Fotos von Thorsten: www.pixum.de/slide/4547972

Thorstens Fotos in s/w: www.pixum.de/slide/4727395

Fotos vom Marathon-Wochenende: www.pixum.de/slide/4552978

www.koeln-marathon.de

www.weisser-holunder.de

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  1. Das is ja ein Ding! Ihr seht mich am Rand stehen, aber wir haben mit 8 Augen in die Menge gestarrt und euch leider nicht sehen können. Es ging alles zu schnell dort am Start.
    Super Bericht aus deiner Sicht als Marathonmann. Super, wie du dich durchgebissen hast. Glückwunsch nochmal zu deiner Super-Zeit.
    Ich hoffe das Treppensteigen bzw. runtergehen geht schon wieder ohne allzu starke Schmerzen in den Oberschenkeln. ;)
    Grüße
    Daniel K.

  2. Hallo Daniel,

    für die Zuschauer ist es immer schwieriger, einzelne Läufer herauszupicken und zu erkennen, ich kenne das Problem aus eigener Anschauung in den letzten Jahren zu Genüge ;-) Das geht wirklich immer alles rasend schnell.

    Es ging mir übrigens schon Sonntagabend wieder richtig gut. Mit Treppen hatte ich bereits nach dem Duschen keine Probleme mehr, bin auch heute morgen schon wieder ein paar km gelaufen. Alles bestens!

    Mir fehlt einfach das Grundlagentraining, was ich vermutlich mit Erfahrung und eisernem Willen gerade noch so überspielen konnte. Zu einer Top-Zeit fehlt mir einfach nach wie vor der Umfang.

    Aber wie gesagt: es sollte so enden und ich bin, wenn es keine Einsprüche gibt, noch nicht endgültig mit dieser Distanz fertig. Dafür habe ich sie vorgestern wieder zu sehr lieben gelernt und eine unerwartet tolle Resonanz in allen interessierten Kreisen erhalten.

    Mal sehen, wie es weiter geht. Eigentlich müsste ich die Superkompensation nutzen. Ich bleibe am Ball…

    Kai

  3. Das ist echt ein RENN-BERICHT!!!
    Mir ging es mit ca. 30 min. Verzögerung ganz ähnlich.
    Der Holunder war GEIL. Danke an alle, die dort so Krach gemacht haben.
    Mir ging auch auf der Amsterdamer Str. die Kraft aus und ich konnte auf dem Ring auch die superstarke Tanja im Clown-Kostüm nicht mehr halten, bin leider auch knapp an der anvisierten Zielzeit vorbei geschrammt.
    Ich war halt auch nicht fleissig genug. Und das Altstadt-Pflaster ist nach 40 km schlimmer als nach X Kölsch an Karneval.

  4. Lieber Kai,

    ich bin ja ein treuer Leser Eurer Laufberichte. Deine Eindrücke vom vergangenen Sonntag habe ich ebenfalls mit Vergnügen gelesen. Und im nächsten Jahr laufen wir wieder unter drei Std. ! Jetzt aber erstmal schön regenerieren.

    viele Grüße
    Markus

  5. Hallo Kai,

    Deine Laufberichte sind immer wieder schön zu lesen. Bei mir ist es ähnlich verlaufen. Schade, dass wir uns am Coca Cola-Stand nicht getroffen haben!
    Glückwunsch zu Deiner Prima-Zeit.
    Gute Erholung
    Irek

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