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Liechtenstein Marathon

1.jpgErneut ein Erlebnislauf der besonderen Art war der LGT Alpin-Marathon in Liechtenstein am 14. Juni dieses Jahres. In mehrfacher Hinsicht bestätigte sich einmal wieder, dass jeder Marathon nach wie vor seine eigenen Gesetze hat. Auch ich durfte es dieses Mal hautnah erfahren.

Aber zunächst einige Anmerkungen zu den Vorbereitungen – die stimmten aus meiner Sicht alle. Der Trainingsumfang war mit 70-80 Kilometern pro Woche seit März in Ordnung, die Treppen- und Bergläufe wurden in Köln, im Ahrtal und im Schwarzwald absolviert, der Lauf-Gehphasenwechsel wurde auf dem Laufband unter Ausschaltung sämtlicher Gehirnzellen abgespult. Keine Verletzung, keine Erkältung – an was soll´s noch liegen? Die Anreise vom heimischen Köln nach Malbun am Freitag, den 13., verlief unproblematisch.

2.jpgNach Abholung der Startunterlagen in Bendern am Rhein ging´s abends zunächst einmal hoch mit dem Auto zum größten (und einzigen?) Skiort Liechtensteins. Liechtenstein-Marathon = Einwegmarathon mit ca. 1.800 Höhenmetern Steigung und ca. 300 Metern Gefälle. Die Übernachtung war direkt bei Kilometer 42 gebucht; und wenn ich einmal das Ziel erreicht hatte, waren es nur noch rund 200 Meter bis zum EM-geschmückten Biergarten.

3.jpgAm Samstagmorgen hieß es wie für viele anderen Marathonis frühes Aufstehen um 5 Uhr morgens. Nach dem gemeinsamen Läuferfrühstück gegen 6 Uhr – das Hotel war überwiegend von Läufern aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden frequentiert – ging es pünktlich um 7 Uhr mit dem Bus vom Ziel zum Start nach Bendern. Dort im Startbereich war es noch menschenleer.

4.jpgBis zum Startschuss um 9.15 Uhr sollte sich das aber noch ändern, denn der 9. Alpin- Marathon vermeldete eine sehr hohe Teilnehmerzahl (708 Marathonis). Unmittelbar vor dem Start habe ich dann doch noch die Alpinrunners aus dem schönen Chur (http://www.alpinrunner.ch/) getroffen, die ich zum Teil beim letztjährigen Graubünden -Bergmarathon kennen gelernt habe – „Schön, Euch wiederzusehen“. Sollte mir Barbla dieses Jahr wieder auf den letzten Kilometern davonlaufen? Bei den anderen wie Peter war das keine Frage mehr, ihm „droht“ der Transalpine-Run, dagegen ist Liechtenstein eine Kurz-Bergwertung…

11.jpgStartschuss – und bewaffnet mit Kamera und meinem Vringspooz-Shirt (ich war so direkt geoutet als Flachlandtiroler und habe den Kölner Süden erkennbar vertreten) gings über die gesperrte Straße bis km 1. Dann kurzes Abbiegen, und die ersten 10 Kilometer war Einrollen auf völlig ebener, überwiegend asphaltierter Strecke direkt am Rhein und auf dem Rheindeich, an der Grenze zur Schweiz, angesagt. Die wurden noch im 5-Minuten-Schnitt gelaufen. Irgendwo zwischen km 5 und 6 ist es dann passiert: Der Blick zum Rhein und in die Landschaft war ja klasse, aber ab und zu auf die Laufstrecke zu schauen hätte nun auch nicht geschadet. Ein einziges kleines Loch weit und breit im Asphalt, wer tritt rein und knickt mit dem rechten Sprunggelenk um? Ein Auftritt erster Güte im wahrsten Sinne des Wortes, das war eine Nuance zu weit geknickt und tat weh. Toller Start! Ich konnte nur hoffen, dass sich das auf den nächsten Kilometern wieder gibt. Erst mal zog es jedenfalls recht kräftig, aber sollte ich nun deshalb aussteigen? Augen zu und durch! Mal schauen, wie es klappt und vor allem versuchen, nicht daran zu denken. Aussteigen kann man immer noch, wenn gar nichts mehr geht.

7.jpg8.jpgAm Stadion vorbei liefen wir durch die Hauptstadt des Fürstentums, dem beschaulichen Vaduz. Zugegeben, ins Kunstmuseum wäre ich auch gerne reingegangen. Die letzten Meter Genuss der Ebene. Vor km 11 ging es dann rauf – und die Geschwindigkeit runter. Bis ca. km 21 waren bereits über 900 Höhenmeter angesagt.

9.jpgVorbei am Schloss des Fürsten führte die Strecke über Serpentinen durch die Wälder und zum Eingang des Ortes Triesenberg. Mit den Stimmungsrufen „Hopp Hopp, Hopp“ der Liechtensteiner Bevölkerung und aller anderen Zuschauer durch den Ort quasi hochgetragen, frohlockte bald der Nebel. Ich fand es dann „oben“ ziemlich frisch im T-Shirt, da halfen auch die Backsteine der Severinstorburg nicht.

15.jpgBis km 25 folgten dann Meter des Gefälles, aber zum Teil auch eine Ebene mit Bauernhöfen. Schließlich der Ort Steg mit seiner wunderschönen Kapelle, die halb umrundet werden musste. Hier war übrigens das Finish des Halbmarathon Plus, was die schnellen Sprints erklärte.

18.jpgFür uns Marathonis fing der eigentliche Spaß in Steg jedoch erst an. Die nächsten fünf bis sechs Kilometer ein ständiges welliges Bergauf und Bergab, noch kein Problem für mich. Der km 30 grüßte noch nicht mit dem Hammer, der kam ein wenig später – der Bergpfad-Aufstieg aufs Sass Fürkle, ca. 500 ununterbrochene, kräftige Höhenmeter – pures Gift. Was soll´s, die Sache locker angehen. Meine Laufschuhe definierte ich kurzerhand in „Wanderschuhe“ um, und Bergauf-Wandern soll schließlich auch gesund sein. Bei km 35 höchster Punkt und klasse Aussicht, Schneefelder am Rand und eine beinahe surreale Begrüßung durch das Alphorn. Was für eine tolle Stimmung, trotz der Anstrengung!

16.jpgZugegeben, trotz der Kilometerwanderung (und der Fotografierpausen, die mir nur recht waren) hingen meine Waden jetzt schwer wie Bleiplatten am Boden. Meine „kleine Schwachstellenanalyse“ sagte mir, dass der Duisburg-Marathon 13 Tage und der 20-km-Volkslauf im Ahrtal sechs Tage vorher doch etwas zu „nah dran“ waren – Ende im Gelände, auch den Rhythmus hatte ich nicht mehr gefunden. Die anvisierte Zielzeit von unter 4:30 Stunden war kräftig versaut – egal, der Weg ist das Ziel.

17.jpgAlso locker bergab traben über kleine Holzbrücken und matschige Wege. Mein persönliches psychologisches Highlight stand mir noch bevor: die Umrundung des Ziels Malbun von km 37 bis 41 auf dem Panoramahöhenweg um den Ort. Diese wellige Schleife war nicht zu unterschätzen; ich hatte wie bei den beiden letzten Malen echten Respekt davor.

23.jpgUnd während unten das Dorf schon jeden Zieleinläufer feierte, durfte oben noch gekämpft werden. Die Oberschenkel- und Wadenmuskulatur war jetzt total platt, na ja, und jeder weitere Höhenmeter dann eine schöne Wanderstrecke. Die Entdeckung der Langsamkeit.

22.jpg21.jpgUnd bei km 40 haben es dann die Alpinrunners, hier gemeinsam mit den Dresdnern, wie im letzten Jahr in Graubünden geschafft und mich überholt – Glückwunsch an die Ostschweizer und die Ostdeutschen für die super Leistung! Die letzten Meter ins Ziel ging es vom Panoramahöhenweg schön hinunter in die „City of Malbun“. Selten war mir eine Zielzeit so unwichtig wie dieses Mal. Ein Finish von 5 Stunden, zehn Minuten und 25 Sekunden ist natürlich nicht gerade eine Glanzleistung und meine zweitschlechteste Marathonzeit überhaupt. Im Gegensatz zum neuseeländischen Gesamtsieger Jonathan Wyatt, der mit 2:56:27 h (bei 1.800 Höhenmetern) Streckenrekord lief.

13.jpgBescheiden, wie der beste Bergläufer der Welt ist, sprach der 36-Jährige von „einem schönen Gefühl“, als erster Läufer in Liechtenstein überhaupt die 3-Stunden-Marke „geknackt“ zu haben. Ich war hingegen war froh, gut durchgekommen zu sein und die Strecke trotz Belastung überwiegend genossen zu haben (nur bei den letzten Kilometern um Malbun hatte ich keine Lust mehr). Der Fuß war im Ziel auch noch dran, die 1a-Schwellung ließ bei den Samaritern nichts Hervorragendes erahnen. Der direkt nach dem Lauf grob diagnostizierte Bänderabriss hat sich aber nicht bestätigt: Glück gehabt. Es war „lediglich“ eine kräftige Bänderdehnung, bei der auch die Gelenkkapsel ordentlich was abbekommen hat. Insgesamt aber nichts Tragisches, keine dauerhaften Blessuren. Ich finde, das derzeitige „Supinations-Trauma re. #“ hört sich schrecklicher an als es ist

24.jpgFazit: insgesamt ein fantastischer, großartiger Marathon, wie immer perfekt organisiert und mit einer einzigartigen Stimmung. Ich finde, er lohnt sich unbedingt. In den Bergen steht das Erlebnis im Vordergrund. Und das gibt’s für mich nächstes Jahr auf alle Fälle wieder, sei es nun in Zermatt, Liechtenstein oder in Graubünden. Der Berg ruft, liebe Lauffreunde…

http://www.lgt-alpin-marathon.li/

Alle Fotos: http://slideshow-16.laufmonster-slideshow.imageloop.com

oder http://s279.photobucket.com/albums/kk151/laufmonster/?action=view&current=1f8e00bc.pbw

oder http://www.pixum.de/viewalbum/?id=2973945

7 Kommentare zu „Liechtenstein Marathon“

  1. Hallo Mattes!

    Gratulation nochmal zu dieser Tor(Tour)!! Toller Bericht, wo meine Beine schon vom Lesen platt werden. Du bleibst halt eine erfolgreiche „Bergziege“. Bleibt abzuwarten, ob der Geißbock in der kommende Saison genauso viel Spaß haben wird bzw. Schmerzen ertragen kann?
    Gute Genesung
    Harald

  2. Hallo Mattes !

    Super Bericht, super Fotos, super Lauf !!! Hat Spaß gemacht, (lesetechnisch) dabei gewesen zu sein.
    Ich kuriere momentan mein Runner´s Knee aus und war schon seit über 2 Wochen (!) nicht mehr laufen. Ich hoffe, das bisschen Radfahren hält mich ein wenig fit ;-)

    Gruß, Manuel

  3. Hallo Mattes,
    toller Bericht. Es fehlt noch ein Bild vom Fußgelenk zur Abschreckung?:-)
    Wer nach den Strapazen bei km 40 sich für ein Foto hinkniet und dabei noch so entspannt aussieht, ist ein Großer!
    Lieben Gruß aus Bonn und gute Besserung.
    Jürgen

  4. Hallo Mattes,
    um mit dem Ende Deines feinen Berichts anzufangen: SUPI, Du hast die NATIONS (Deutschland, Köln und den Niederrhein) würdig vertreten. Ein TRAUM(A).
    Im nächsten Leben laufe ich mit!
    Die Fotos sind ebenfalls super, war das bei km 40 ein Selbstauslöser oder ist Dir Conny vorausgeeilt?
    Übertreibe es in Zukunft aber nicht, sonst überlebe ich Dich noch.
    Gruß Didl

  5. Hallo Mattes,

    Herzlichen Dank für den coolen Bericht und das Mail.
    Ich hoffe, Dir geht es nun wieder besser!
    Das war ja für dich eine extreme Qual bis Malbun.

    Ich geniesse nun eine „laufleichte“ Zeit in Mexico! Ist viel zu heiss hier um richtig zu laufen!

    Liebe Grüsse aus La Paz, Baja California

  6. Hallo Mattes,
    saubere Leistung: Anfahren am Berg will gelernt sein und das mit einer gravierenden Verletzung!!

    Mit den von dir aufgelegten Zeilen fühlt man sich als Läufer sofort verbunden, den Bericht hast Du klasse geschrieben!!
    Best regards,
    Mike.

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