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Wenn Träume Wirklichkeit werden

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Wenn man so langsam in ein gewisses Alter kommt, in dem man seine persönlichen Bestzeiten nicht mehr so einfach verbessern kann, setzt man sich andere Ziele. Für mich als Vereinsläufer sind das z.B. Medaillen und Titel bei regionalen und nationalen Meisterschaften. Der absolute Traum, den ich seit meiner ersten Medaille träumte, war es einmal mit dem Titel Deutscher Meister dekoriert zu werden. Natürlich war klar, dass dieses nur über die Altersklassen und Mannschaftswertung möglich sein würde. Nach 3x Silber in den vergangenen beiden Jahren mit TV Refrath Teams bei den Deutschen Cross-, Halbmarathon- und 10 km-Meisterschaften wollte ich bei den Deutschen Marathon Meisterschaften 2014 in München einen neuen Versuch starten.

Zu einem Team gehören beim Laufen immer drei, häufig auch noch ein 4. oder 5. Mann, um mögliche Ausfälle zu kompensieren. Wir waren dieses Mal jedoch nur zu dritt, es musste also alles passen. Meine Mannschaftskollegen, mit denen ich früh im Jahr die Pläne geschmiedet hatte, waren Stephan McGuire und Moritz Kufferath. Da beide noch M35 Läufer sind, es aber für mich eh keine Optionen in der M40 Klasse gab, musste ich mich also runtermelden. Da die M35 in den letzten Jahren sowieso eine immer dünner besetzte Altersklasse wurde, kamen allerdings in diesem Jahr viele Teams auf die Idee, den einen oder anderen Läufer runterzumelden (Cross-DM, HM-DM, 10 km DM, Marathon-DM). Das macht die Sache zwar nicht einfacher aber spannender.

So waren zur Marathon DM sieben M35 Mannschaften gemeldet. Ein Studium der Zeiten der Konkurrenz-Athleten machte uns aber zuversichtlich, dass wir mit soliden Leistungen sogar eine Titel-Chance hätten. Die Vorbereitung war allerdings alles andere als optimal. Für Stephan war es der erste Marathon seit längerer Zeit, Moritz hatte seine Schwerpunkte im Sommer auf Hausbau und Umzug gelegt, ich war auch eher schlecht als recht durch die Saison gekommen. Schon der Plan, 5 Wochen zuvor in der gleichen Besetzung bei den Deutsch 10 km Meisterschaften in Düsseldorf zu starten, wurde durch private Termine und Krankheit durchkreuzt. Unser großes Plus war allerdings: wir sind drei solide und erfahrene Marathon-Läufer, die sich im Zweifelsfall eher durchbeißen als auszusteigen.

Auch die Mission Meisterschaft selbst war mehr stressig als alles andere. Wir fuhren erst Samstag mit dem Auto nach München und mussten Sonntag nach Lauf und Siegerehrung wieder zurück. Auf der Fahrt diskutierten wir noch viel über die Konkurrenz aus Chemnitz, Wolfenbüttel, Kassel, usw. Unsere optimistischen Zielzeiten lagen um die 2:45 (ich) bzw. 2:55 (Stephan und Moritz).

Das Wetter am Marathontag war eher zu schön. Entgegen der Vorhersage schien die Sonne schon morgens früh von einem fast wolkenlosen Himmel. Zwar waren die Temperaturen anfangs noch angenehm, doch schon zum recht späten Start um 10 Uhr musste keiner mehr im Singlet frieren. Keiner von uns kannte die Strecke, sie sollte aber recht flach und schnell sein, nur die Stimmung wäre angeblich als nicht so gut. Diesbezüglich wurden wir aber eines Besseren belehrt.

Vom Start weg fand ich gut mein Tempo von knapp 3:55 min/km. Stephan und Moritz wollten 4:05er Schnitt laufen, daher verloren wir uns natürlich früh aus den Augen. Bei so einem Meisterschaftsrennen läuft man natürlich durch die starke Konkurrenz fast nie alleine. Etwas vor mir war der Pulk der schnellen Frauen mit niedrigen 2:40er Zielzeiten, die sich aber allmählich entfernten. Start war am Olympiapark. Von hier aus ging es nach Schwabing und ab KM 6 in den Englischen Garten, den wir fast 10 km lang durchliefen. Danach ging es durch Wohngebiete im Osten der Stadt. Mein tempo hielt ich gut und war nach 1:22:47 h an der Halbmarathon-Marke. Allerdings war ich nach stressigen letzten Wochen mit viel zu wenig Schlaf eher skeptisch, ob nicht doch früh der Mann mit dem Hammer käme.

Aber nicht ich war es, der früh schwächelte, sondern einige andere. So sammelte ich ab km 25 nach und nach die Frauen mit Medaillenambitionen ein (Sandra Klein, Silke Optekamp, Julia Galuschka, Tinka Uphoff) und war plötzlich kurz hinter dem Marienplatz vor der „zweiten Frau gesamt“. Es lief immer noch recht rund, doch leider nicht mehr lange. Ich wollte eigentlich vier Gels mitnehmen. Da aber eines ausgelaufen war, wurden es nur drei. Das fehlende sollte bei km 33 durch ein Stück Banane ersetzt werden – keine gute Idee! Kaum einen Kilometer später bekam ich starke Seitenstiche. Ich musste meinen sub-4er Schnitt verlassen und auf maximal 4:30er Schnitt abbremsen, um nicht stehenbleiben zu müssen.

So quälte ich mich bis km 36, dann ging es aber wieder. Allerdings fand ich nun nie wieder richtig in den Tritt und konnte nur noch 4:15er Schnitt laufen. Dadurch verlor ich zwar zwei bis drei Minuten auf meine Zielzeit und wurde auch noch von einigen Läufern und der zweiten Frau „kassiert“, konnte aber gut durchlaufen und nach 2:48:43 h nicht unzufrieden im Olympiastadion einlaufen. Ich hatte also meinen Teil zur Mission beigetragen. Wie erging es Stephan und Moritz?

Moritz bog nach knapp 2:58 h ins Stadionrund ein und finishte in 2:58:58. Auch er war etwas eingebrochen, konnte aber auf den letzten dre Kilometern noch eine sub 3 h Zielzeit verwirklichen. Stephan musste noch etwas mehr Federn lassen, aber auch er wusste früh genug Tempo rauszunehmen und in soliden 3:02:45 h einzulaufen. Für welchen Platz könnte das reichen? Eine Medaille sollte doch drin sein, denn wir hatten nicht viele von den ausgemachten Konkurrenten vor uns gesehen und die After-Run-Gespräche im Stadion brachten überwiegend den gleichen Rennverlauf (hinten raus einzugehen) bei den meisten Läufern hervor.

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Wir mussten dann allerdings bis zu dem Moment, wo wir auf die Bühne der Siegerehrung vom DLV im Stadion gerufen wurden, warten, bis wir Gewissheit hatten, dass unsere Berechnungen stimmten. Wir hatten tatsächlich vor dem Team aus Chemnitz den Titel geholt und sind Deutscher Meister in der M35 Mannschaft geworden. Irgendwie was es schon ein magischer und unbeschreiblicher Moment. Dafür gab es dann auch Herzchen-Goldmedaillen, dieses Mal sogar erstmals mit Gravur. Zum Feiern blieb leider keine Zeit, denn wir hatten ja noch 600 km Autofahrt vor uns, die allerdings in bester Laune.

Tatsächlich war es übrigens so, dass das Team aus Chemnitz bei Halbmarathon in der Addition der Zwischenzeiten noch fast 2 Minuten vor uns lag, dann aber deutlich stärker einbrach und noch 12 Minuten in der Endabrechnung verlor. Da zeigt sich, wie es sich lohnen kann, sich durchzubeißen. Marathon ist eben Marathon und keiner ist wie der andere…

Zum Abschluss noch zwei Anmerkungen:

1.) Eine großartige Leistung erbrachte der Kölner Dominik Fabianowski, der völlig überraschend als Gesamt 2. und damit Deutscher Vizemeister einlief.

2.) Der Austragungsort der Marathon DM 2015 wurde endlich verkündet: Frankfurt am Main – sicherlich schneller und stark besetzt.

3 Kommentare zu „Wenn Träume Wirklichkeit werden“

  1. Hallo Manuel,

    das hast Du wirklich noch mal schön zusammengefasst.
    Bei einem derartigen Bericht kommt man sich vor, als wär man dabei gewesen. ;)

    Wenn ich mal drüber nachddenke, dann hast Du ja jetzt in allen drei „klassischen Straßendisziplinen 10 Km/HM/M + im Cross eine DM-Medaille.
    Steigst Du jetzt um auf Bahnlauf oder versuchst Du dich an 100 Km um die Sammlung zu erweitern?

    Gute Erholung!

  2. Hallo Manuel,

    herzlichen Glückwunsch zu dieser tollen Leistung!
    3:55 min/km. Ein Wahnsinn! Und das über so viele Kilometer!
    Unvorstellbar für mich. (Wo ich doch gerade in Berlin gelaufen bin)
    Der Zieleinlauf im Olympia-Stadion ist bestimmt beeindruckend.

    Gute Erholung!
    Gabi

  3. Auch von mir an dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch zum Titel. Man muss halt zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um solche Träume zu verwirklichen. Super gemacht – (mit einer fast Ansage).
    Bis zum Nov. oder Weihnachtsstammtisch

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