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7G Marathon – Durch die weiße Hölle

Zum 8. Mal lief ich den Siebengebirgsmarathon, aber noch nie unter derart schwierigen Bedingungen. Dabei fing der Tag so gut an: Frühes Aufstehen, kleines Frühstück, fertig machen, Tasche ins Auto, problemlose Fahrt nach Ägidienberg, nachdem mein Mitfahrer wegen Erkältung abgesagt hatte. Entgegen der Wettervorhersage blieb es zunächst trocken. Im völlig verschneiten Ägidienberg war nur die Hauptstraße geräumt, der Parkplatz war natürlich schon besetzt, aber in einer Nebenstraße fand ich nach einigem Suchen und Umherkurven im Schnee einen legalen Parkplatz. Mehr schlitternd als gehend erreichte ich nach kurzem Fußweg das Bürgerhaus, holte meine Startnummer ab und begab mich auf die Galerie zum Umziehen. Dort traf ich viele bekannte Gesichter. Der Siebengebirgsmarathon gilt als der schönste Wintermarathon Deutschlands, und viele Wiederholungstäter kommen von weit her.

Nach dem Start der Halbmarathonis um 9 Uhr war die Toilettenschlange nur noch kurz, und um 9.40 Uhr begaben auch wir uns gemeinsam auf den Weg zum Start auf der Rennbahn des Pferdesportvereins. Dabei rutschte hinter mir schon eine Läuferin aus und stürzte. Na, das konnte ja heiter werden! Zwei freundlicherweise kurze Ansprachen in der Kälte, dann gab der Bürgermeister von Bad Honnef den Startschuss.

Obwohl wir mehrfach ermahnt worden waren, nicht zu schnell zu laufen, rannten alle los, als wäre der Teufel hinter ihnen her. So versuchten wir, die inzwischen deutlich gesunkene Körpertemperatur etwas zu erhöhen. Es ging kurz um die Rennbahn, hoch zur Hauptstraße, am Bürgerhaus vorbei, rechts in die Friedensstraße, wo einige schon gefährlich ausrutschten. Dann tauchten wir in den dunklen Wald ein, und auf dem Laubboden lief es sich gut. Es ging leicht wellig weitgehend bergab, bis bei km 4,7 der tiefste Punkt der Strecke erreicht war. Kurz danach erreichten wir im Schmelztal die erste Verpflegungsstelle mit warmem Zitronentee (und Wasser). Nun begann für die nächsten 5 km die erste von vielen weiteren Steigungen.

Übrigens: Alle Fotos im Bericht und zum Lauf von Birgit & Thorsten Holler bei Eventfotografie 24


Leichter Schneefall hatte eingesetzt, und der Boden war immer verschneiter, je höher wir kamen. Laut Ausschreibung hat der Lauf 650 Höhenmeter, der Gesamtanstieg beträgt 801 m. Die Strecke führte Richtung Löwenburg (455 m). Unterhalb des Gasthofs befand sich der nächste Verpflegungspunkt. Insgesamt gab es ca. alle 5 – 6 km Verpflegungsstellen, jeweils mit Tee, Wasser, Iso, mitunter Bananenstückchen und sogar Spekulatius. Herzlichen Dank an dieser Stelle für die in der Eiseskälte ausharrenden freundlichen Helfer! Von oben kamen mir die beiden Spitzenläufer entgegen. Lokalmatador Moritz auf der Heide gewann übrigens in einer Fabelzeit von 2:42:12 h.

Es schneite immer mehr, und alle liefen tief gebückt, um das Gesicht und besonders die Augen vor den Schneeflocken zu schützen, die sich wie Eiskörner einbohrten. Ich zog mein Fleece-Halstuch über Mund und Nase, aber nach kurzem war dies schneebedeckt und vereiste. Ich ließ es runterrutschen und lief bis ins Ziel mit einem ständig schwerer werdenden Eiskragen auf der Brust. Der eisige Wind griff beim Umrunden des Lohrbergs immer wieder an, sobald er die Chance dazu hatte. Das zehrte an den Kräften und forderte Kalorien-Nachschub. Zum Glück hatte ich einen Power-Riegel dabei.

Die Sicht wurde immer schlechter. Eine Streckenmarkierung war nicht mehr zu finden, als ich zwischen km 13 und km 14 an einer Kreuzung ankam. In meiner Not lief ich bis zu einem Parkplatz, wo ich zum Glück einen Mann antraf, der gerade in sein Auto einsteigen wollte. Dieser konnte mir dann sagen, auf welchem Weg er Läufer gesehen hatte. Ich kehrte also um und lief den Berg ‘rauf, und tatsächlich, nach kurzem entdeckte ich das Schild mit der Nr. 14. Inzwischen habe ich erfahren, dass tatsächlich etliche Läufer einfach weiter geradeaus gelaufen sind und somit ‘vom rechten Weg‘ abkamen.

Das gleiche ‘Drama‘ sollte mir auf der Strecke noch zweimal passieren. Es ging runter zur Magarethenhöhe. Jetzt konnte ich etwas Gas geben, bis Ordner in einer Kurve zur Vorsicht ermahnten. Leicht wellig ging es weiter durch den Schneesturm, über die von Polizisten gut gesicherte Schmelztalstrasse leicht ansteigend wieder in den Wald hinein. Jetzt sah ich aufgrund des dichten Schneetreibens kilometerlang niemanden vor mir und eine leichte Panik machte sich breit. Wo vorher viele hundert Läufer lang getrabt waren und so ‘die Loipe gespurt‘ hatten, waren jetzt vom Winde alle Spuren verweht, und ich lief quasi auf jungfräulichem Neuschnee. An einigen Abzweigungen hatte man rot-weiße Flatterbänder gespannt, um uns den richtigen Weg zu weisen, allerdings hatte der Sturm diese weitgehend heruntergerissen. Um diese und eventuelle Kilometerschilder registrieren zu können, lief ich langsam und äußerst konzentriert.

Durch den Schneesturm kämpfte ich mich hinauf zum Berg Himmerich. Aufgeben hätte keinen Sinn gemacht. Also weitermachen und darauf hoffen, irgendwann anzukommen. Hinter km 24 konnte ich zu einem Läufer aufschließen und ihm mitteilen, wie froh ich darüber war. Gemeinsam liefen wir durch das winterliche Märchenland, das ich jetzt, nachdem der Wind etwas nachgelassen hatte, richtig genießen konnte. Wir umrundeten den Leyberg, und inzwischen waren wir sogar zu viert. Hügelig ging es bis km 31 weiter, dann hieß es wieder: bergauf, bergauf, immer bergauf … bis zum berühmt-berüchtigten Bauwagen bei km 36.

Das Schlimmste lag hinter mir, es klarte auf, sogar die Sonne kam heraus. Weit konnte man oben über die verschneite Landschaft blicken. Die Äste der Nadelbäume bogen sich unter der Schneelast. Dann ging es im Endspurt leicht hügelig bergab, vorbei am malerisch gelegenen Asberger See, sowie später an dem unermüdlich seit Jahren mit Ratsche und Tröte anfeuernden Helfer, bis man bei km 39,5 den Wald verließ. Jetzt musste ich wieder vorsichtiger laufen, denn der Schnee im Ort war seifig, und nur wenige Bürgersteig-Abschnitte waren von den Anwohnern geräumt worden. Durch Himberg ging es nach Ägidienberg zurück, noch eine letzte Kurve, dann folgte der Zieleinlauf über den Teppich in die warme Halle des Bürgerhauses, wo mich großer Applaus (!) der dort anwesenden Läufer empfing. Gratulation, Medaille um den Hals, auf zur Zielverpflegung – ich hatte es geschafft! Über meine Finisherzeit breite ich lieber den Mantel des Schweigens, aber immerhin war ich 1. (und einzige) in meiner Altersklasse und wurde auch entsprechend geehrt. Nächstes Jahr bin ich wieder dabei…

Veranstalter/Ergebnisse

6 Kommentare zu „7G Marathon – Durch die weiße Hölle“

  1. Liebe Verena, das ist ja ein sehr eindrucksvoller Bericht zu einem wohl sehr besonderen Lauf. Man kann echt mitfühlen wie du da gekämpft und „gewonnen “ hast. Weiterhin gute Erholung von diesem echten Wnterlauf.
    LG Daniel

  2. Gute Erholung nach der „weißen Höllle“ wünsche ich Dir auch!
    Das war dann wohl schon ein Training für eine Polarexpedition, wie ich Deinem anschaulichen Bericht entnehmen darf. Nächstes Mal mit Schlittenhunden:)
    Bis bald wieder im grünen Flachland!
    Harald

  3. Liebe Verena,
    was für ein schöner Bericht!! Vielen Dank dafür und meine Bewunderung für so viel Durchhaltevermögen. Tolle Fotos, sie unterstreichen, wie hart es war, aber dass es sich im Ziel gelohnt hat. Erhol dich gut und bis bald
    Sabine

  4. Hallo Verena!

    Ein toller Laufbericht von Dir! Ich konnte mich richtig in dich hinein versetzen, wie du unter diesen widrigen Umständen gelaufen bist. Ich hätte auch etwas Panik bekommen, wenn ich weit und breit keine Menschenseele mehr gesehen hätte. Aber schließlich bist du verdiente Beste deiner Altersklasse geworden;-)
    Gruß
    Reinhard

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